Euro auf dem Handy statt in der Tasche: Bundesbank arbeitet „mit Hochdruck“ an Bargeld-Revolution Interview mit der Frankfurter Rundschau
Das Gespräch mit führte Lisa Gilz.
Herr Balz, ganz konkret: Wann kommt denn nun der Digitale Euro?
Wir erwarten, dass die Menschen im Jahr 2028 mit dem digitalen Euro bezahlen können, möglicherweise auch erst 2029. Wir in der Bundesbank arbeiten gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im Eurosystem mit Hochdruck daran, dass die Menschen den digitalen Euro so schnell wie möglich nutzen können. Der EZB-Rat kann aber erst über die Einführung des digitalen Euro entscheiden, wenn der Gesetzgebungsprozess in Brüssel abgeschlossen ist.
Wird das ähnlich wie bei der Einführung des Euros aussehen und alle bekommen ein kleines Willkommenspaket mit digitalen Münzen?
Im Vorfeld wird es natürlich eine Informationskampagne für die Bürgerinnen und Bürger geben, ähnlich wie bei der Einführung des Euro-Bargelds 2002. Wie der Name schon sagt, wird der digitale Euro nicht in Form von Münzen, sondern digital vom Eurosystem herausgegeben werden. Am Ende soll der digitale Euro hier drin sein (Balz hebt sein Handy hoch), in der Wallet auf dem Mobiltelefon. Er wird eine Art digitales Bargeld sein, mit dem Sie überall im gesamten Euroraum an der Ladenkasse, online oder unter Bekannten bezahlen können. Heute ist Bargeld das einzige europäische Zahlungsmittel, mit dem Sie in jedem Euroland bezahlen können. Beim digitalen Bezahlen sind wir bisher stark abhängig von ausländischen Zahlungsanbietern.
Muss ich dann ein eigenes Konto bei der Europäischen Zentralbank anlegen?
Der digitale Euro würde an das Girokonto angeknüpft werden. Banken und Sparkassen sollen auf ihre Kundinnen und Kunden zugehen, sobald der digitale Euro zur Verfügung steht. Klar ist: Eine direkte Vertragsbeziehung zwischen Notenbank und Endnutzer wird es auch beim digitalen Euro nicht geben. Diese Konstellation wird schon durch die institutionellen Vorschriften des Eurosystems ausgeschlossen. Wir als Bundesbank haben kein Interesse, potenziell 84 Millionen Konten in Deutschland zu eröffnen. Das übersteigt die Ressourcen einer Zentralbank bei Weitem. Wir haben dafür nicht das Personal. Das sehen wir als nicht zielführend an.
Müssen jetzt diejenigen, die gerne Bargeld benutzen, befürchten, dass das Bargeld abgeschafft wird?
Ausdrücklich nein. Wir im Eurosystem, also die EZB und die 20 nationalen Zentralbanken der Euroländer, setzen weiterhin auf das Bargeld. Ich bin nicht nur für den digitalen Euro zuständig, sondern eben auch Bargeldvorstand. Und von daher kann ich wirklich guten Gewissens sagen, es gibt keinerlei Pläne, das Bargeld abzuschaffen. Für uns ist wichtig, dass die Wahlfreiheit zukünftig erhalten bleibt: Die Menschen sollen weiterhin so zahlen, wie sie das möchten. Diese Sicht teilt übrigens auch die Politik. Denn der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Einführung eines digitalen Euro wird flankiert von Vorschlägen zur Stärkung des Euro-Bargelds.
Was wird denn getan, um die Zuversicht ins Bargeld zu halten?
Im Eurosystem sind wir dabei, die dritte Banknotenserie zu entwerfen. Momentan wird am künftigen Design der Banknoten gearbeitet. Es gibt zwei Vorschläge für die Motive auf den künftigen Scheinen: entweder bekannte Persönlichkeiten, die Europa geprägt haben, oder aber Flüsse und Vögel. Die finale Entscheidung wird voraussichtlich Ende 2026 getroffen werden.
Dass die Bundesbank nicht darüber nachdenkt, Bargeld abzuschaffen, ist auch daran zu sehen, dass wir im vergangenen Jahr eine Adjustierung unseres Filialnetzes beschlossen haben. Aktuell gibt es 31 Bundesbank-Filialen, die hauptsächlich für das Bargeld und die Bargeldlogistik notwendig sind. Wir werden einige Filialen schließen, dafür aber in Stuttgart, Frankfurt, Köln und Hannover neue Filialen bauen, die den modernen Ansprüchen an die Bargeldlogistik genügen. Das würden wir nicht tun, wenn wir nicht an die Zukunft des Bargeldes glaubten. Bargeld wird weiter ein Kernprodukt der Bundesbank bleiben, auch wenn es zusätzlich den digitalen Euro geben wird.
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