Finanzstabilitätsbericht 2011 Risiken für das deutsche Finanzsystem nehmen deutlich zu – belastend wirken vor allem die sich ausweitende Staatsschuldenkrise und der damit einhergehende Vertrauensverlust im europäischen Bankensystem

Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben in diesem Jahr deutlich zugenommen. Die hohen Staatsschulden sind dabei auf absehbare Zeit die größte Belastung für die deutsche und europäische Finanzstabilität. „Deshalb ist es besonders wichtig, eine nachhaltige Finanzpolitik zu verfolgen und zugleich flankierende Strukturreformen durchzuführen“, sagte Vorstandsmitglied Dr. Andreas Dombret bei der heutigen Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2011 der Deutschen Bundesbank. „Auch in Deutschland muss die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte fortgesetzt werden.“ Mit Blick auf die Lösung der Staatsschuldenkrise betonte Dombret: „Die Trennung von Geld- und Finanzpolitik ist dabei unbedingt zu respektieren.“

In dem schwieriger werdenden Umfeld zeigt der Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank für das deutsche Bankensystem neue Belastungen auf. „So dürften die Ansteckungseffekte der Staatsschuldenkrise und die sich verschlechternden konjunkturellen Perspektiven in Europa auch die Ertragsaussichten der deutschen Banken eintrüben“, sagte Sabine Lautenschläger, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. „Positiv ist jedoch hervorzuheben, dass die deutschen Institute in den vergangenen zwei Jahren widerstandsfähiger geworden sind.“

„Die Bundesbank schätzt die Risiken aus den Forderungen gegenüber Griechenland, Irland und Portugal als insgesamt beherrschbar ein“, sagte Vorstandsmitglied Dombret. Aber volumenmäßig bedeutender seien Forderungen gegenüber Schuldnern der großen Euro-Länder Italien und Spanien. Nach Einschätzung der Bundesbank bestehen weiterhin Gefahren durch die anhaltend niedrigen Zinsen und die hohe globale Liquidität, die zum Einsatz von überhöhten Fremdkapitalhebeln und intensiver Fristentransformation führen können.

„Auch die Altlasten der Banken aus Gewerbeimmobilien und strukturierten Wertpapieren sind noch nicht vollständig verarbeitet“, sagte Dombret. Zudem verstärke prozyklisches Verhalten im Finanzsystem selbst die Krise. Die Finanzmärkte sind dem Bericht zufolge geprägt von einem erheblichen Grad an Gleichlauf, und die wachsende Bedeutung an passiven Investmentstrategien reduziert entsprechend die Vielfalt an Meinungen an den Finanzmärkten. Andere Handelsstrategien, etwa der Hochfrequenzhandel, verstärkten die Automatismen noch weiter.

Die Bestandsaufnahme des deutschen Finanzsystems fällt laut Finanzstabilitätsbericht 2011 positiv aus. Die deutschen Banken zeichnen sich danach durch eine höhere und bessere Eigenkapitalausstattung aus. Zwischen Frühjahr 2008 und Sommer 2011 hat sich für eine Gruppe von 13 großen, international tätigen deutschen Banken die Kernkapitalquote nach den derzeit gültigen Basel-II-Regelungen von 8,1% auf 13,1% erhöht. Der Verschuldungsgrad – gemessen am Verhältnis von Bilanzsumme zum Kernkapital – ist vom Verhältnis 43 auf das Verhältnis 33 gefallen. Die risikogewichteten Aktiva sind ebenfalls zurückgegangen, so dass die Eigenkapitalanforderungen um fast 30% niedriger sind. Die Erträge dieser Gruppe von Banken sind über längere Zeit stabil geblieben.

„Die zahlreichen erfreulichen Entwicklungen im deutschen Bankensystem dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Perspektiven eingetrübt haben“, sagte Bundesbank-Vizepräsidentin Lautenschläger. „Neue Lasten aus den direkten und indirekten Auswirkungen der Staatsschuldenkrise wie die Abschreibungen auf Anleihen aus dem Euro-Raum und der Verfall vieler Marktwerte belasten die Erträge der Finanzinstitute.“ Die Bundesbank begrüße daher die auf europäischer Ebene angestoßene Kapitalisierung der großen Banken, um dem Vertrauensverlust im europäischen Bankensektor zu begegnen, ergänzte Vorstandsmitglied Dombret. „Insgesamt muss das Geschäft der Finanzinstitute langfristiger ausgerichtet werden.“

Weiter betont der Finanzstabilitätsbericht, dass die Marktteilnehmer in die Verantwortung genommen werden müssen, damit Märkte funktionieren. „Dazu gehört auch, dass systemrelevante Finanzinstitute aus dem Markt ausscheiden können müssen, ohne dass das Finanzsystem zusammenbricht“, sagte Dombret.