Schwerpunkte des Monatsberichts April 2012 Potenzialwachstum der deutschen Wirtschaft – Mittelfristige Perspektiven vor dem Hintergrund demographischer Belastungen

Deutschland wird in den kommenden Jahren mit spürbaren demographischen Belastungen konfrontiert sein. Die inländische Erwerbsbevölkerung wird sich verringern und zudem altern. Die möglichen Rückwirkungen auf das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft werden im Monatsbericht April untersucht. Es zeigt sich, dass bis Ende dieses Jahrzehnts die Dämpfungswirkungen der Demographie durch geeignete Reformschritte abzumildern sind und so das gegenwärtige Wachstum des Produktionspotenzials in Höhe von rund 1¼ % pro Jahr bis 2020 im Wesentlichen gehalten werden kann.

Voraussetzung dafür ist, dass sich das Arbeitsangebot durch die weitere Steigerung der Erwerbsbeteiligung und die Verstärkung bedarfsgerechter Zuwanderung stabilisieren lässt. Darüber hinaus ist es notwendig, durch die Verbesserung der Qualifikation der Arbeitskräfte und technischen Fortschritt stetig Produktivitätsgewinne zu erzielen.

Mit Blick auf die inländischen Arbeitsmarktreserven wirkt zum einen stabilisierend, dass ältere Arbeitskräfte, deren Anteil an der Erwerbsbevölkerung kontinuierlich zunehmen wird, länger als bisher berufstätig bleiben. Zum anderen könnte sich – auch begünstigt durch den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen – die Erwerbsbeteiligung von Personen mit familiären Verpflichtungen erhöhen. Hinzu kommt die Annahme, dass Deutschland in den nächsten Jahren einen jährlichen Wanderungsüberschuss von rund 200.000 Personen erzielt, die zum größten Teil dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung stehen werden.

Da das Arbeitsvolumen trotz der Effekte, die den demographisch bedingten Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials kompensieren, aus struktureller Sicht kaum mehr steigerungsfähig ist, speist sich das Potenzialwachstum zukünftig allein aus dem Produktivitätszuwachs. Eine kräftige Dynamik setzt voraus, dass die Investitionsbereitschaft auf hohem Niveau bleibt, um die Kapitalintensivierung weiter voranzubringen. Die Innovationskraft der Wirtschaft spielt ebenso wie die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte eine bedeutende Rolle dafür, dass sich der technische Fortschritt im Produktionsprozess niederschlägt. Dämpfungswirkungen auf die aggregierte Stundenproduktivität, die sich in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts vor allem als Folge der (Wieder-)Eingliederung weniger qualifizierter Erwerbspersonen in den Arbeitsmarkt ergeben haben, dürften künftig nicht mehr so stark ins Gewicht fallen.

Für Deutschland wie den Euro-Raum insgesamt ist es als Stabilitätsfaktor und als Erleichterung der notwendigen Anpassungsprozesse zu begreifen, wenn sich die Arbeitsmobilität innerhalb Europas verstärkt. Sie hilft dabei, die derzeit beträchtlichen Arbeitsmarktunterschiede abzubauen und damit auch das Risiko persistenter Lohn- und Preisdifferenzen zu reduzieren. Die besten Wachstumsergebnisse werden erzielt, wenn sich die Allokation der Produktionsfaktoren nicht nur auf dem Wege grenzüberschreitender Kapitalflüsse, sondern auch über Wanderungsbewegungen vollzieht, zumal dadurch die makroökonomischen Anpassungsprozesse innerhalb der Währungsunion erleichtert werden.