Schwerpunkte des Monatsberichts Juli

Zur Entwicklung der Ausfuhr in den vier großen EWU-Mitgliedstaaten seit Beginn der Währungsunion

In der laufenden konjunkturellen Erholungsphase sind die Exporte der deutschen Wirtschaft ausgesprochen kräftig gestiegen. In den vier großen Mitgliedsländern des Euro-Raums (EWU-4) war lediglich die Entwicklung der spanischen Ausfuhren ähnlich dynamisch, während französische und italienische Exporteure erheblich geringere Zuwächse erzielten. Der deutsche Wachstumsvorsprung beim Export ist kein neues Phänomen, vielmehr war er auch schon in den Jahren vor dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu beobachten.

Die gute deutsche Exportperformance ist regional breit fundiert. So sind die Lieferungen in die Mehrzahl der großen Absatzregionen stärker gestiegen als jene der großen Partnerländer. Insgesamt wurden die höchsten Zuwächse in den EWU-4 durchweg im Handel mit China erreicht, gefolgt von der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, dem Nahen Osten und den neuen EU-Mitgliedstaaten. Allen vier Ländern ist gemein, dass die Exporte in den Euro-Raum und in die anderen Industrieländer im vergangenen Jahrzehnt spürbar an Gewicht verloren haben.

Das Exportwachstum lässt sich nach Maßgabe seiner wesentlichen Einflussgrößen in einen Welthandelseffekt, der mit Abstand den stärksten Einfluss ausübt, in Regional- und Wettbewerbseffekte sowie in eine Restkomponente zerlegen. Dabei zeigt sich, dass das Wachstum der Absatzmärkte aller vier Länder vor allem wegen der immer noch recht starken Ausrichtung der Ausfuhren auf die Industriestaaten nicht mit der Expansion des Welthandels Schritt halten konnte. Des Weiteren ist festzuhalten, dass der reale Export Deutschlands von einer Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit Impulse erhielt, während sich von dieser Seite für Italien und Spanien ein negativer Effekt ergab und die französischen Ausfuhren praktisch unberührt blieben

Verlässlichkeit und Revisionsmuster ausgewählter deutscher Konjunkturindikatoren

Wirtschaftliche Analysen und Prognosen basieren häufig auf vorläufigen Daten, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund neu verfügbarer Informationen revidiert werden. Aus der Abweichung der erstveröffentlichten von den endgültigen Angaben lassen sich Rückschlüsse auf die Verlässlichkeit der Konjunkturindikatoren sowie der darauf basierenden Untersuchungen ziehen. Es zeigt sich anhand der Auswertungen der Echtzeitdatenbank der Bundesbank, dass es erhebliche Unterschiede im Revisionsmuster deutscher Konjunkturindikatoren gibt. Unterschiede ergeben sich aus den jeweiligen Erhebungs-, Aufbereitungs- und Schätzmethoden sowie den weiteren Eigenschaften der betreffenden Zeitreihe. Beispielsweise halten sich die Korrekturen beim Produktionsindex für die Industrie in engen Grenzen. Beim Bauhauptgewerbe lassen sich vergleichsweise hohe Revisionen durch besondere Witterungseinflüsse erklären. Im Fall der Einzelhandelsumsätze spielen hohe Schätzanteile in den erstveröffentlichten Daten sowie die dabei angewandten Methoden eine Rolle. Revisionen sind häufig anfänglich am stärksten ausgeprägt.

Im Umfeld der Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Revisionen nicht außerordentlich groß. Die konjunkturellen Wendepunkte wurden bereits bei den ersten Veröffentlichungen richtig dargestellt. Generell legen die Ergebnisse der vorgenommenen Revisionsanalyse nahe, dass Konjunkturbeobachter die Daten am aktuellen Rand mit Vorsicht interpretieren sollten. Zwischen Aktualität von Indikatoren und deren Zuverlässigkeit besteht oftmals ein Zielkonflikt. Für die amtliche Statistik stellt sich damit die Aufgabe, gemeinsam mit den Meldepflichtigen an einer möglichst vollständigen Datenbasis am aktuellen Rand zu arbeiten, um Revisionen von vornherein gering zu halten. Dabei sollte die amtliche Statistik dem drängenden Wunsch nach immer schneller bereit gestellten Daten dann widerstehen, wenn die Belastbarkeit und Aussagekraft der Angaben zu stark darunter leiden. Der empirische Informationswert der Statistik ist das zentrale Qualitätskriterium, das nicht infrage gestellt werden sollte. Im Zweifel ist die Zuverlässigkeit der Indikatoren wichtiger als die Schnelligkeit, mit der sie zur Verfügung gestellt werden.

Leasingfinanzierung in Deutschland

Leasing hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil der Unternehmensfinanzierung in Deutschland entwickelt. Knapp ein Fünftel der Anlageinvestitionen des gewerblichen Sektors wird mittlerweile leasingfinanziert, wobei der Schwerpunkt bei Kraftfahrzeugen liegt. Diese besondere Form der Außenfinanzierung verkörpert eine Alternative, aber auch eine Ergänzung zum Bankkredit. Leasing ermöglicht betriebliche Investitionen in Bauten beziehungsweise Ausrüstungen, ohne zu einer Belastung von Eigen- oder Fremdkapital des Leasingnehmers zu führen. Hierdurch wird auch das Problem entschärft, dass die Nachfrage nach neuen Kapitalgütern gerade im Aufschwung an Finanzierungs- und Besicherungsproblemen investitionswilliger Unternehmen scheitern kann. Für Leasinggeber ist dieses Finanzierungsinstrument interessant, weil sich damit nicht nur die üblichen Kreditrisiken vermeiden, sondern auch Sach- und Preisgefahren von Investitionsgütern auf den Leasingnehmer abwälzen lassen.

Eine spezielle Auswertung der im Datenbestand der Deutschen Bundesbank vorhandenen Jahresabschlüsse von Leasingfirmen für das letzte verfügbare Bilanzjahr 2008 zeigt, dass dieser Unternehmenskreis besondere Bilanz- sowie GuV-Strukturen aufweist und bei seiner Refinanzierung auf verschiedene Finanzierungsquellen zurückgreift. Die in der Leasingbranche zu verzeichnende geringe Ausstattung mit Eigenmitteln erhöht das Risikopotenzial. So verursachten die krisenbedingten Störungen im Finanzsystem bei einem Teil der Leasingfirmen nachhaltige Finanzierungsprobleme. Hinzu kam damals die starke Investitionszurückhaltung der Unternehmen. Für den im Fahrzeuggeschäft engagierten Teil der Branche ergaben sich zudem Verluste aufgrund des starken Preisverfalls auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Große Unterschiede bestehen zwischen den unabhängigen Leasingunternehmen, die sich ihre Finanzierungsmittel bei Banken und auf dem Kapitalmarkt selbst beschaffen müssen, und dem erheblichen Teil hersteller- beziehungsweise bankabhängiger Gesellschaften. Letztere können als Finanzierungsquelle vor allem auf ihre Mutterunternehmen beziehungsweise ihren Finanzverbund zurückgreifen, sodass auch bei geringem Risikopolster ausreichend Finanzierungsmittel zur Verfügung stehen.

Frühjahrskonferenz der Deutschen Bundesbank 2010 – Kurz- und langfristige Herausforderungen für die Geld- und Fiskalpolitik

Die diesjährige Frühjahrskonferenz, die die Bundesbank und die Banque de France gemeinsam veranstalteten, stand im Zeichen der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Insbesondere die Konsequenzen für die Staatsfinanzen und die Schlussfolgerungen für makroprudenzielle Regulierung des Finanzsystems wurden diskutiert. Im Verlauf der Krise hatten Notenbanken und Regierungen in vielen Industrieländern außerordentliche geld- und fiskalpolitische Maßnahmen ergreifen müssen. So haben die Zentralbanken ihre Zinsen bis auf null (oder nahe null) gesenkt, und dem Finanzsektor Liquidität im großen Ausmaß zugeführt, sind dabei aber in ihren Bilanzen erhebliche Risiken eingegangen. Gleichzeitig haben Regierungen Risiken aus dem Bankensektor übernommen und weitreichende Garantien gegeben. Neben direkten Maßnahmen zur Konjunkturstabilisierung führte dies zu einem sprunghaften Anstieg der Staatsverschuldung in vielen entwickelten Volkswirtschaften. Die Finanz- und Wirtschaftskrise mündete somit in eine neue Phase, in der das Vertrauen in die Solidität der öffentlichen Finanzen in einigen peripheren Ländern der EWU in Zweifel gezogen wurde.

Vor diesem Hintergrund sind bei der Frühjahrskonferenz „Fiscal and Monetary Policy Challenges in the Short and Long Run“ (und dem vorangehenden Workshop, der ebenfalls aktuellen makroökonomischen Herausforderungen gewidmet war) wissenschaftliche Beiträge präsentiert worden, die auf diese Aspekte der Krise eingingen. Die Themen reichten von der Frage, welche Faktoren zu der Schärfe der Krise im Finanzsektor beigetragen haben, und welche Vorkehrungen geeignet erscheinen, ähnliche Zuspitzungen in der Zukunft zu vermeiden, über die Ursachen und Folgen der Krise für die Staatsfinanzen – wobei den speziellen Bedingungen der EWU besonderes Interesse galt – bis zu der Frage, wie die Geld- und Fiskalpolitik in Zukunft verfahren sollen. Zudem hat die Konferenz die Bedeutung effektiver makroprudenzieller Regelungen für das Finanzsystem unterstrichen und gezeigt, dass an einer Konsolidierungsstrategie in der Fiskalpolitik kein Weg vorbei führt.