Sektorale Vermögensbildung und Finanzierung im ersten Quartal 2010 Ergebnisse der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung

Gemäß den aktuellen Ergebnissen der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung hat das Geldvermögen der privaten Haushalte im 1. Quartal 2010 zum vierten Mal in Folge zugenommen. Profitiert haben vor allem liquide Bankeinlagen und Versicherungsguthaben. Gleichzeitig konnte die Verschuldung weiter zurückgeführt werden. Bei den nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften hat die Außenfinanzierung dagegen erstmals seit drei Quartalen wieder zugenommen. Zuwächse gab es im Wesentlichen bei der externen Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt. Auch die Verschuldung der öffentlichen Haushalte ist weiter gestiegen und markierte Ende März 2010 einen neuen Höchststand.

Geldvermögen privater Haushalte nimmt erneut zu, Verschuldung sinkt

Die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in Deutschland betrug im 1. Quartal 2010 gut 51 Mrd €. Sie entsprach damit dem hohen Niveau des Vorjahresquartals.

Ein wesentlicher Anteil entfiel dabei auf Bankeinlagen (einschließlich Bargeld), die gegenüber dem Vorquartal netto um 16 ½ Mrd € zulegten. Zuflüsse gab es hauptsächlich – wie schon in den vorherigen Quartalen – bei den Sicht- und Spareinlagen. Mit 18 ½ Mrdbzw. 12 Mrd € fielen diese jedoch schwächer aus als zuvor. Diese Zuflüsse sind vor allem vor dem Hintergrund des seit mehr als einem Jahr anhaltenden Abbaus der Termineinlagen zu sehen, die im Berichtsquartal erneut im Umfang von 13 Mrd € reduziert wurden. Hierfür dürfte insbesondere das niedrige Zinsniveau mitverantwortlich sein. Die Bargeldhaltung privater Haushalte nahm mit 1 ½ Mrd € nur geringfügig zu, was für eine weitere Normalisierung des Anlageverhaltens der privaten Haushalte spricht.

Auch bei den Wertpapieren gab es im 1. Quartal 2010 einen Nettozufluss von insgesamt gut 9 ½ Mrd €. Rund zwei Drittel dieser Mittel (6 Mrd €) entfielen dabei auf Investitionen in Investmentfonds, vor allem in Misch- und offene Immobilienfonds. Publikumsaktienfonds waren dagegen nur von geringer Bedeutung. Zusammen mit dem wiederholt niedrigen Volumen direkter Aktienkäufe von 1 Mrd € spricht dies für ein gestiegenes Sicherheitsbedürfnis der privaten Haushalte im Vergleich zu 2009. Kräftig zulegen konnten dagegen die Ansprüche gegenüber Versicherungen. Auf Grund der Gutschriften der Überschussbeteiligungen zu Jahresbeginn fällt dieser Zuwachs zwar regelmäßig höher aus als in den übrigen Quartalen. Mit per saldo 24 Mrd € liegen die Zuflüsse jedoch – mit Ausnahme des Vorjahresquartals – deutlich über dem sonst üblichen Niveau zu Jahresanfang. Verantwortlich dafür dürfte u. a. das zunehmende Angebot bankähnlicher Produkte sein, etwa in Form von Einmalbetrags-Versicherungen, die einer attraktiv verzinsten Termineinlage ähneln.

Im Ergebnis führte diese Geldvermögensbildung zu einem Geldvermögensbestand von 4 739 Mrd € am Ende des 1. Quartals 2010. Die finanziellen Aktiva der privaten Haushalte lagen damit um rund 315 Mrd € über dem Niveau des Vorjahresquartals, als die Bestände infolge der Finanzkrise und den damit verbundenen Kursverlusten bei den Wertapieren einen Tiefpunkt erreichten.

Die Verschuldung ging hingegen abermals zurück. Per saldo wurden Kredite (einschl. sonstiger Verbindlichkeiten) in Höhe von 8 Mrd € getilgt, darunter vor allem Wohnungsbaukredite. Am Quartalsende summierten sich damit die Schulden bei Banken und Versicherungen auf insgesamt 1 526 Mrd € und blieben somit unverändert gegenüber dem Vorjahresquartal. Das Nettogeldvermögen stieg infolgedessen auf 3 212 Mrd €.

Nicht-finanzielle Unternehmen: geringe Geldvermögensbildung und zunehmende Außenfinanzierung

Die Geldvermögensbildung der Produktionsunternehmen fiel mit 6 ½ Mrd € zwar positiv, aber vergleichsweise schwach aus. So geringe Zuflüsse waren zuletzt während der wirtschaftlichen Schwächephase zu Beginn des Jahrzehnts zu verzeichnen. Mitverantwortlich dafür dürfte jedoch die gegenüber den Vorquartalen gestiegene Verwendung der Mittel für reale Investitionen sein. Zuwächse gab es vor allem bei Firmenbeteiligungen (28 Mrd €), Rentenwerten (16 ½ Mrd € einschl. Geldmarktpapiere) und Krediten (8 Mrd €). Geringfügige Abflüsse von je 1 Mrd € verzeichneten dagegen Bankeinlagen (inkl. Bargeld) und Investmentfondsanteile. Zudem führten die Unternehmen ihre sonstigen Forderungen um 53 Mrd € zurück.

In der Außenfinanzierung kam es nach drei schwachen Quartalen wieder zu einer Zunahme von 18 Mrd €. Die Mittel entstammten dabei in erster Linie einer vergleichsweise kräftigen Begebung neuer Schuldverschreibungen. Der Zuwachs lag hierbei mit 8 ½ Mrd € (einschl. Geldmarktpapiere) mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahresquartal. Auch die eigenkapitalbasierte Finanzierung legte deutlich zu. Per saldo platzierten nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften Aktien im Umfang von 6 Mrd € - ein Volumen, das seit dem Ende des Internetbooms zu Beginn der Dekade nicht mehr erreicht wurde.

Bei den Krediten kam es insgesamt zu einer Nettoaufnahme von 5 Mrd €. Maßgeblich dafür waren ein Zuwachs von netto 6 Mrd € bei den im Konzernverbund aufgenommenen Auslandskrediten, die in erster Linie von größeren und international agierenden Unternehmen in Anspruch genommen werden, sowie die Zunahme der Finanzkredite von inländischen Versicherungen und sonstigen Kreditgebern um 10 Mrd €. Kredite bei in- und ausländischen Banken wurden hingegen erneut netto getilgt; mit 11 Mrd € fiel diese Tilgung jedoch deutlich schwächer aus als in den Quartalen zuvor. Ein Großteil entfiel dabei auf die Rückführung von Verbindlichkeiten gegenüber ausländischen Banken (8 Mrd €).

Staat: steigende Verschuldung bei sinkendem Geldvermögen

Die öffentlichen Haushalte haben sich im 1. Quartal 2010 weiter verschuldet. Insgesamt stiegen die Verbindlichkeiten per saldo um 20 Mrd €. Die Zunahme war damit stärker als in den beiden vorherigen Quartalen, aber deutlich schwächer als in der ersten Jahreshälfte 2009, als die Auflegung konjunktureller Stützungsprogramme zu erheblichen Defiziten führte. Finanziert wurde dies primär durch die Emission neuer Schuldtitel, die netto um 24 Mrd € zunahmen. Kredite wurden hingegen im Umfang von 3 Mrd € getilgt. Darüber hinaus gab es einen Abbau finanzieller Aktiva. Bankguthaben (inkl. Bargeld) wurden im Umfang von 10 Mrd € aufgelöst und Rentenwerte verkauft (-2 Mrd €). Die Geldvermögensbildung war infolgedessen mit -12 Mrd € abermals negativ. Die Verschuldung des Staatssektors (die in der Finanzierungsrechnung zu aktuellen Kursen berechnet wird) belief sich Ende März 2010 auf 1 863 Mrd € und war damit um 114 Mrd € höher als ein Jahr zuvor.