Vermögensbildung und Finanzierung im zweiten Quartal 2009 Ergebnisse der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung

Geldvermögen der privaten Haushalte stark gestiegen

Die Geldvermögensbestände der privaten Haushalte, die in der zweiten Jahreshälfte 2008 vor allem wegen sinkender Aktienkurse im Zuge der Finanzkrise deutlich zurückgegangen waren, sind von Januar bis Juni d.J. wieder um rund 90 Mrd € gestiegen. Sie wiesen damit am Ende des zweiten Quartals 4 534 Mrd € auf, was wieder leicht über ihrem Niveau vor einem Jahr lag.

Anders als in den Vorquartalen haben die privaten Haushalte im 2. Vierteljahr 2009 ihre Verbindlichkeiten nicht weiter abgebaut. Die Schulden insgesamt lagen Mitte d.J. bei 1 532 Mrd €. In der Zeit von April bis Juni wurden die längerfristigen Kredite mit einer Laufzeit von über einem Jahr sogar aufgestockt. Hier schlugen vor allem die im Zusammenhang mit dem regen Kauf von PKWs aufgenommenen Konsumentenkredite zu Buche. Trotzdem stieg das Nettogeldvermögen der privaten Haushalte Ende bis Juni d.J. auf 3 002 Mrd €. Nur Ende 2007 wurde in der Finanzierungsrechnung mit 3 009 Mrd € ein höherer Wert ausgewiesen.

Über das gesamte 1. Halbjahr d.J. betrachtet wurde der bemerkenswerte Anstieg des Geldvermögens vor allem von der Geldvermögensbildung der privaten Haushalte getragen. Allerdings verlief die Entwicklung in den beiden Quartalen sehr unterschiedlich. So legten die privaten Haushalte im 1. Vierteljahr bei den Finanzintermediären oder in Wertpapieren per saldo zwar 52 Mrd € neu an. Sie mussten aber Kursverluste in Höhe von 36 Mrd € hinnehmen, so dass ihre Bestände an Finanzaktiva insgesamt nur um 16 Mrd € zunahmen. Im 2. Quartal 2009 übertraf der Zuwachs der Geldvermögensbestände mit 73 Mrd € dagegen die allein auf Transaktionen zurückzuführende Ersparnisbildung der privaten Haushalte mit 36 Mrd € recht deutlich, weil nun Kursgewinne in Höhe von 37 Mrd € zu verzeichnen waren. Insgesamt betrachtet haben sich im 1. Halbjahr d.J. die Kursgewinne und ‑verluste also weitgehend kompensiert.

Dabei legten die privaten Haushalte im 2. Quartal 2009 ihre Gelder in ähnlicher Weise an wie zu Jahresbeginn, als die im Zuge der Finanzkrise vorgenommenen erheblichen Portfolioumschichtungen von Ende 2008 bereits wieder korrigiert wurden. So fiel die Erhöhung der Bankeinlagen (einschließlich Bargeld) mit netto 16 Mrd € erheblich niedriger aus als im 4. Quartal 2008. Damals waren hier 87 Mrd € zugeflossen. Im Einzelnen haben die privaten Haushalte ihre Bargeldbestände, die sie von Oktober bis Dezember 2008 um fast 17 Mrd € außergewöhnlich stark aufgestockt hatten, in den Monaten April bis Juni d.J. wieder im üblichen Rahmen ausgeweitet (+3 Mrd €). Die Termingelder, die die privaten Haushalte bis Ende 2008 nicht zuletzt wegen relativ günstiger Konditionen beträchtlich dotiert hatten, wurden erneut recht kräftig zurückgeführt, und zwar in Höhe von 23 Mrd €. Davon profitierten vor allem die disponiblen Sichteinlagen, deren Volumen um 32 Mrd € zunahm. Ausschlaggebend dafür dürfte die vergleichsweise geringe Verzinsung von Termingeldern gewesen sein.

Das Anlageverhalten der privaten Haushalte hat sich auch bei den Wertpapieren im 2. Quartal d.J. verglichen mit dem Jahresende 2008, als sie wegen der Finanzkrise solche Aktiva noch per saldo verkauft hatten, weiter normalisiert. Sowohl Rentenwerte als auch Investmentfondsanteile wurden netto erworben (jeweils + 5 Mrd €). Während der Absatz dieser Aktiva bereits zu Jahresanfang wieder Fuß gefasst hatte, konnten Publikumsaktienfonds erst im 2. Vierteljahr wieder ein beträchtliches Mittelaufkommen verzeichnen. Dagegen haben die privaten Haushalte direkt erworbene Aktien netto abgestoßen. Damit setzte sich die Entwicklung der vorherigen Quartale weiter fort; allerdings fielen die Verkäufe mit 1 Mrd € deutlich geringer aus als noch Ende 2008 mit 33 Mrd €. Aufgrund dieser seit längerem anhaltenden Verkäufe betrug der Bestand an direkt gehaltenen Aktien Ende Juni 2009 nur noch knapp 150 Mrd € und damit 3 ½ % der gesamten Finanzaktiva der privaten Haushalte. Auf Bargeld und Bankeinlagen entfielen dagegen fast 1 800 Mrdbzw. 39 % des Geldvermögens. Die Zuflüsse zu den Ansprüchen gegenüber Versicherungen, die vor allem auf regelmäßigen Beitragszahlungen („Vertragssparen“) beruhen, blieben mit 9 Mrd € gegenüber dem gleichen Vorjahrszeitraum nahezu unverändert.

Außenfinanzierung der nichtfinanziellen Unternehmen rückläufig

Die Außenfinanzierung der Produktionsunternehmen ist im 2. Vierteljahr 2009 stark gesunken. Nach einem externen Mittelbedarf von 21 Mrd € im 1. Quartal d.J. haben die Unternehmen in der Zeit von April bis Juni netto insgesamt 19 Mrd € getilgt. Dies ging mit einer negativen Geldvermögensbildung (- 14 Mrd €) einher, die vor allem durch die Auflösung von Wertpapierbeständen resultierte. Ein solch ausgeprägter Rückgang der finanziellen Aktivitäten der Unternehmen war zuletzt in der ersten Hälfte dieser Dekade zu beobachten, als die Unternehmen nach dem Börsenboom bestrebt waren, ihre Bilanzen zu bereinigen.

Die einzelnen Positionen der Außenfinanzierung waren aber sehr unterschiedlich betroffen. Maßgeblich für den Rückgang im 2. Quartal d.J. war vor allem der Abbau der Kredite von inländischen Banken um netto 16 Mrd €. In den Quartalen zuvor gab es hingegen positive Mittelaufnahmen. Bei den verschiedenen Arten von Auslandskrediten, die in erster Linie von größeren bzw. im Exportgeschäft tätigen Unternehmen in Anspruch genommen werden, fielen die Zuflüsse im 2. Quartal 2009 allerdings durchweg höher aus als zu Jahresbeginn. So betrug die Kreditaufnahme bei ausländischen Banken per saldo immerhin 11 Mrd € verglichen mit 4 Mrd € drei Monate zuvor. Daneben konnten die Unternehmen ihre Schulden in Form von grenzüberschreitenden Finanzkrediten im Konzernverbund um 3 Mrd € ausweiten, nachdem im 1. Vierteljahr 2009 noch ein Abbau von 4 Mrd € zu verzeichnen war. Auch bei den unter den sonstigen Verbindlichkeiten ausgewiesenen Handelskrediten aus dem Ausland gab es einen Umschwung. So haben ausländische Unternehmen per saldo neue Lieferantenkredite in Höhe von 2 Mrd € gewährt, während sie im 1. Vierteljahr noch um 1 ½ Mrd € zurückgeführt worden waren.

Die externe Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt entwickelte sich ebenfalls sehr unterschiedlich. Während die Mittelzuflüsse über den Absatz von Aktien im 2. Quartal 2009 trotz steigender Börsenkurse mit nur knapp ½ Mrd € sehr gering ausfielen, erbrachte die Emission längerfristiger Schuldverschreibungen mit 6 ½ Mrd € den höchsten Betrag seit langem. Allerdings wurden gleichzeitig kurz laufende Geldmarktpapiere in beträchtlichem Umfang netto zurückgegeben (8 ½ Mrd €).

Deutliche Zunahme der öffentlichen Verschuldung

Die öffentlichen Haushalte haben sich im 2. Quartal 2009 mit netto gut 50 Mrd € kräftig am Kapitalmarkt verschuldet; die Kredite dagegen wurden per saldo in geringem Umfang getilgt (- 1 Mrd €). Damit fiel der Finanzierungsbedarf insgesamt um 20 Mrd € höher aus als in den Monaten Januar bis März 2009. Dieser hohen Neuverschuldung stand aber auch eine beträchtliche Erhöhung der Finanzaktiva gegenüber. So wurden die Bankeinlagen um netto 34 Mrd € aufgestockt und die Beteiligungen an Kreditinstituten im Zuge von Stützungsmaßnahmen um 12 Mrd € erhöht. Die Verschuldung des Staatssektors (gemäß Finanzierungsrechnung zu aktuellen Kursen berechnet) betrug Ende Juni d.J. 1 775 Mrd € und war damit um rund 150 Mrd € höher als ein Jahr zuvor.