Gemeinsam die Zukunft des Zahlungsverkehrs gestalten – das Projekt „Digitaler Euro?“ Rede beim Hamburger Bankenaufsichtstag

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Einleitung

Sehr geehrte Damen und Herren, 

vielen Dank für Ihre freundliche Begrüßung und die Einladung zu den 16. Hamburger Bankenaufsichtstagen. Unser heutiger Tagungsort wurde ja vom Büro des renommierten britischen Architekten David Chipperfield entworfen. Dafür gab es den Architekturpreis 2008 des Bundes Deutscher Architekten. Besonders gefiel der Jury, dass diese städtebauliche Skulptur als Bindeglied zwischen den Stadträumen St. Pauli und der Hamburger Innenstadt gestaltet wurde.[1]

Mit unseren Überlegungen zur Gestaltung eines digitalen Euro zielen wir zwar nicht auf einen Architekturpreis, aber auch auf einen markanten Baukörper in der künftigen digitalisierten Wirtschaft. Auch der digitale Euro soll ein Bindeglied werden, und zwar ganz besonders zwischen Zentralbanken und der Kreditwirtschaft.

Ich bin überzeugt, dass ein digitaler Euro nur in Zusammenarbeit mit Ihnen, den Banken und Sparkassen, mit Leben gefüllt werden kann. Ich möchte daher mit einer Feststellung beginnen, die Sie gerne auch als Appell verstehen dürfen: Der digitale Euro braucht die Bankenwirtschaft. Gleichzeitig möchte ich hinzufügen: Die Bankenwirtschaft braucht den digitalen Euro. Denn der digitale Euro bietet viele Chancen, das eigene Geschäft im Bereich Zahlungsverkehr zukunftsfest zu machen und in einem Umfeld zunehmender Konkurrenz durch globale Anbieter an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Daher wollen wir als Zentralbanken gemeinsam mit der Kreditwirtschaft die Zukunft des Zahlungsverkehrs gestalten. Der digitale Euro kann dabei ein wichtiger Baustein werden.

Zentralbanker halten sich mit einem Blick in die fernere Zukunft gewöhnlich zurück. Aber ich möchte trotzdem mit Ihnen ein wenig in die Glaskugel schauen, wie das Bezahlen im Jahr 2030 aussehen könnte:

  • Das Bezahlen mit Smartphone und anderen digitalen Endgeräten ist dann zum Normalfall geworden. Sogar die Stände auf dem Hamburger Fischmarkt akzeptieren sämtlich auch bargeldlose Bezahlverfahren. Selbstverständlich kann weiterhin mit Bargeld oder einer Karte gezahlt werden.
  • Der Zahlvorgang ist noch unsichtbarer geworden. Schon heute ist das Bezahlen vielfach nahtlos in den digitalen Kaufvorgang integriert. Denken Sie nur an den Kauf von Karten für öffentliche Verkehrsmittel, für Konzertveranstaltungen oder Museen. Aber auch Ihr Auto kann mittlerweile für die Stromladung, in der Werkstatt oder auf dem Parkplatz selber bezahlen. Innovative, kostengünstige und bequeme Zahlungsmittel kommen hier zum Einsatz.
  • Europa wächst weiter zusammen. Auch im Alltag spielen die europäischen Staatsgrenzen eine immer geringere Rolle. Der grenzüberschreitende Reiseverkehr boomt – auch dank europaweiter, schneller Zugverbindungen. Und auch das Arbeiten aus dem Homeoffice in Dänemark, den Niederlanden oder Spanien ist heute für viele möglich. Deshalb werden europaweit in allen Lebenslagen verwendbare Zahlungsmittel zunehmend gefragt. Inzwischen können sie bei allen Stellen im Euroraum, die digitale Zahlungen entgegennehmen, auch mit dem digitalen Euro bezahlen. Im Zusammenspiel mit dem digitalen Euro erfahren auch die Bezahlinitiativen der europäischen Kreditwirtschaft weitere Verbreitung.

Sie merken: Aus meiner Sicht wäre die Zukunft des Zahlungsverkehrs mit einem digitalen Euro eine bessere. Was spricht dafür? Hier möchte ich auf die Argumente der europäischen Souveränität, der Digitalisierung, der sinkenden Bargeldnutzung und des Zugangs zu Zentralbankgeld eingehen, sowie außerdem auf den Bedarf nach europaweit nutzbaren und breit einsetzbaren digitalen Bezahlverfahren.

2 Der digitale Euro und die (Finanz-)Wirtschaft

Beginnen wir mit dem Thema der europäischen Souveränität und AutonomieSo sehen wir im Zahlungsverkehr in Europa teilweise starke Abhängigkeiten von den Systemen internationaler Anbieter, etwa Visa oder Mastercard. Diese Anbieter sind leistungsstark, innovativ und erfolgreich. Und sie bieten Lösungen an, die man überall in Europa nutzen kann. Aber es kann zu einem Problem werden, wenn wir auf außereuropäische Anbieter angewiesen sind.

Zwar haben wir in Europa einige erfolgreiche nationale Zahlungslösungen. Dazu gehört auch die deutsche girocard. Sie ist hierzulande unangefochtener Marktführer für Zahlungen an der Ladenkasse und beeindruckt durch starkes Wachstum: So bezahlten die Menschen in Deutschland allein im ersten Halbjahr 2023 etwa 3,65 Milliarden Mal mit ihrer girocard. Das entsprach einem Zuwachs von circa 15 Prozent an Transaktionen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022.[2]

Was aber fehlt, ist eine digitale Lösung, die in den verschiedensten Zahlungssituationen genutzt werden kann, europaweit funktioniert und auf einer europäischen Infrastruktur aufbaut. Eine solche Lösung würde Unabhängigkeit und europäische Souveränität im Zahlungsverkehr sicherstellen. Europäische Alternativen könnten dabei sowohl durch staatliche Initiativen – wie einen möglichen digitalen Euro – aber auch durch privatwirtschaftliche Initiativen befördert werden.

Die Bundesbank begrüßt daher das Vorhaben der European Payments Initiative (EPI). Denn wir sehen den klaren Bedarf nach europaweit einsetzbaren, privaten digitalen Zahlungslösungen wie es zum Beispiel EPI mit ihrer Wallet „Wero“ auf der Basis von Instant Payments vorhat.[3]

Für die hiesige Bankenwirtschaft sind europäische Alternativen als Gegengewicht zu internationalen Anbietern eine Chance. So könnte die Kreditwirtschaft den digitalen Euro nicht nur in ihr Leistungsangebot integrieren, sondern auf dieser Basis auch innovative und wertschöpfende Dienstleistungen entwickeln. Diese hätten dank digitalem Euro europäische Reichweite. Damit würden Sie – gerade im Hinblick auf die erwähnten internationalen Anbieter – Ihre eigene Wettbewerbsposition stärken. Wenn der digitale Euro eine flächendeckende Akzeptanz- und Nutzungsinfrastruktur bereitstellen würde, ließe sich auch EPI beziehungsweise die „Wero“ Wallet besser europaweit ausrollen. 

Es verwundert daher nicht, dass große Teile der Finanzwirtschaft einen digitalen Euro tendenziell begrüßen würden. In einer Ende August veröffentlichten Umfrage der Universität Frankfurt unter Fach- und Führungskräften der Finanzindustrie hielten 60 Prozent der Befragten die Einführung eines digitalen Euro für wünschenswert oder sogar notwendig.[4]

Zur Skepsis beim anderen Teil der Befragten tragen sicherlich auch Bedenken wegen möglicher unerwünschter Nebenwirkungen für die Finanzwirtschaft bei. Für uns steht allerdings bereits seit Beginn des Vorhabens fest: Ein umfangreicher Abfluss von Einlagen aus dem Bankensektor sollte ebenso vermieden werden wie plötzliche Umschichtungen in Zentralbankgeld. Um diese Risiken zu begrenzen, sollen zum Beispiel Höchstbeträge für das Halten digitaler Euro festgelegt werden.

Der digitale Euro könnte darüber hinaus die digitale Transformation der europäischen Wirtschaft vorantreiben. Mit dem digitalen Euro würden wir eine völlig neue Infrastruktur schaffen und damit eine offene Plattform für Innovation. Sie muss deshalb in meinen Augen unbedingt zukunftssicher geplant und aufgebaut werden. Zum Beispiel könnten „bedingte Zahlungen“ großes Potenzial für die Wirtschaft entfalten. Dabei denken wir an programmierbare Umgebungen, die etwa auf Smart Contracts beruhen und eine weitgehend automatische Zahlungsabwicklung ermöglichen, wenn vereinbarte Bedingungen erfüllt werden. Dafür gibt es zwar heute noch nicht viele praktikable Lösungen. Dennoch wollen wir die Voraussetzungen hierfür schon heute in die Planungen integrieren und arbeiten im Eurosystem an entsprechenden technischen Lösungen.

3 Der digitale Euro und die Verbraucherinnen und Verbraucher

Meine Damen und Herren,

Es geht uns beim digitalen Euro auch um den Zugang zu Zentralbankgeld für jedermann.

Laut unserer regelmäßig durchgeführten Zahlungsverhaltensstudie ist Bargeld nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel in Deutschland. 58 Prozent aller täglichen Zahlungen an der Ladenkasse wurden 2021 bar abgewickelt. Rund 100 Euro an Bargeld führen die Deutschen durchschnittlich in ihren Portemonnaies mit sich. Und 69 Prozent der Deutschen halten die Möglichkeit, auch künftig bar zahlen zu können, für wichtig oder sehr wichtig.

Aber die Bargeldnutzung sinkt und hat in anderen europäischen Ländern zum Teil nur noch einen Anteil von 20 Prozent. Wenn nun aber die Bargeldnutzung insgesamt rückläufig ist und sich viele Aktivitäten seien es Einkäufe oder die Nutzung von Dienstleistungen  in den digitalen Raum verlagern, dann sollten wir als Notenbank und Herausgeber des Bargeldes über eine digitale Alternative nachdenken.

Mit digitalem Zentralbankgeld – englisch Central Bank Digital Currency (CBDC) – gäbe es eine digitale Variante von Zentralbankgeld für die breite Öffentlichkeit. Ein digitaler Euro wäre genau eine solche sinnvolle Ergänzung zu Bargeld. Zahlungen wären nicht nur von Person zu Person oder an der Ladenkasse möglich, sondern auch im Onlinehandel oder gegenüber staatlichen Stellen.

Der digitale Euro würde ein Zahlungsmittel für die breite Bevölkerung sein. Er soll im gesamten Euroraum grundsätzlich kostenfrei und universell einsetzbar sein. Ein Bedarf nach solchen breit einsetzbaren digitalen Bezahllösungen zeigte sich auch in einer Studie im Auftrag des Eurosystems im vergangenen Jahr unter sogenannten „Fokusgruppen“ von potenziellen Nutzerinnen und Nutzern.[5] Denn am Ende geht es beim Bezahlen auch immer um eine möglichst hohe Bequemlichkeit.

Darüber hinaus steht bereits fest, dass Endnutzer den digitalen Euro auf dem Smartphone halten könnten. Andere Zugangswege wie zum Beispiel Karten könnten später hinzukommen. Diese wären gerade für weniger digitalaffine Menschen eine nützliche Option.

Von einem digitalen Euro als breit einsetzbare und attraktiv ausgestaltete digitale Bezahllösung würde insbesondere die Verbraucherseite profitieren. Dies wiederum bietet Chancen für Sie als Bankenwirtschaft: Das Geschäftsmodell wird ausreichend wirtschaftliche Anreize bieten. Der digitale Euro kann in das eigene Leistungsangebot integriert werden und durch neue Einsatzfelder und Zusatzservices aufgewertet werden. Das schafft zusätzliches Ertragspotenzial. Am Ende profitieren sowohl die Kunden als auch die Banken.

Auch wenn der digitale Euro von den Notenbanken konzipiert und herausgegeben würde, ist es aus meiner Sicht unabdinglich, dass Sie als Banken, aber auch andere Zahlungsdienstleister eine zentrale Rolle spielen. Schließlich wollen wir die bewährte Aufgabenteilung zwischen Zentralbanken und Privatwirtschaft beibehalten. Beim digitalen Euro geht es nicht um die Verdrängung privater Bezahlverfahren, sondern um die Schaffung einer zusätzlichen Alternative. Letztlich muss der Nutzer die Wahl haben, wie er bezahlen will.

4 Eigenschaften eines digitalen Euro

Doch wie würde ein digitaler Euro als Zahlungsmittel konkret ausgestaltet sein? Seit Oktober 2021, also seit genau zwei Jahren, arbeiten unsere Expertinnen und Experten im Projekt „digitaler Euro“ an der möglichen technischen und funktionalen Ausgestaltung eines digitalen Euro. Ich selbst bin als Mitglied der High Level Task Force, des obersten Steuerungsgremiums im Projektin die Arbeiten eingebundenGerne berichte ich daher über die aktuellen Schritte in der Untersuchungsphase des Projekts, die nun zuende geht, sowie über das weitere Vorgehen.

Mit dem vierten Fortschrittsbericht hat die High Level Task Force ihre Arbeiten zu Gestaltungsmerkmalen des digitalen Euro weitestgehend abgeschlossen. So zeichnet sich ab, dass der digitale Euro auch in einer „offline“-Variante zur Verfügung gestellt würde. Digitale Zahlungen blieben also auch dann möglich, wenn die Internet- oder Mobilfunkverbindung gestört wäre. Denn bei steigender Nachfrage nach digitalem Bezahlangeboten müssen wir sicherstellen, dass auch ohne stabile Internetverbindung stets digital gezahlt werden kann. Hierdurch könnten wir einen wichtigen Beitrag zur Resilienz des Zahlungsverkehrs leisten. 

Außerdem sind Datenschutz und die Wahrung der finanziellen Privatsphäre wichtige Eigenschaften eines digitalen Zahlungsmittels. Dies war übrigens auch – gerade für Deutschland - eines der Ergebnisse der Befragungen, die das Eurosystem unter potenziellen Nutzerinnen und Nutzern im vergangenen Jahr durchgeführt hat.[6] Vollständige Anonymität kann es dabei nicht geben, da natürlich die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung und zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung einzuhalten sind. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass geringe Beträge mit einem nochmals höheren Grad an Privatsphäre abgewickelt werden können.

Ich hatte bereits erwähnt, dass Banken und andere Zahlungsdienstleister den digitalen Euro in ihre eigenen Dienste integrieren würden. Das hätte aus unserer Sicht den Vorteil, dass die Nutzerinnen und Nutzer über ihre gewohnten Banking-Apps und -Schnittstellen problemlos auf den digitalen Euro zugreifen könnten. Zusätzlich würde es eine vom Eurosystem entwickelte App geben. Dadurch könnten auch kleinere Banken ihren Kunden vergleichsweise einfach Dienste rund um den digitalen Euro anbieten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten so immer mindestens einen möglichen Zugang.

Für ein erfolgreiches Zusammenspiel zwischen Eurosystem und Kreditwirtschaft sind klare Regeln und Verantwortlichkeiten von entscheidender Bedeutung. Hier kommt das „Scheme Rulebook“ für den digitalen Euro ins Spiel. In der Rulebook Development Group entwickeln Vertreter von Verbrauchern, Händlern, Eurosystem und insbesondere Intermediären, also Sie als Banken, gemeinsame Regeln, Praktiken und Standards. Dadurch würde eine harmonisierte Verbreitung des digitalen Euro über beaufsichtigte Intermediäre sichergestellt.

5 Rechtsrahmen des digitalen Euro

Meine Damen und Herren,

aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz eines möglichen digitalen Euro brauchen wir nicht nur den Schulterschluss mit Ihnen, der Bankenwirtschaft, sondern auch mit der Politik. Um dem digitalen Euro einen rechtlichen Rahmen zu geben, hat die EU-Kommission Ende Juni einen Legislativvorschlag veröffentlicht.

In diesem Vorschlag sieht die Kommission unter anderem vor, den digitalen Euro zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Als gesetzliches Zahlungsmittel würde der digitale Euro grundsätzlich von allen Händlern akzeptiert werden. Als Privatperson könnten Sie also – wie in meinem Blick in die Glaskugel anfangs angedeutet – zukünftig bei allen Händlern im Euroraum, die digitale Zahlungen entgegennehmen, auch mit dem digitalen Euro bezahlen. Abweichende Vereinbarungen wären aber natürlich in einem bestimmten Rahmen möglich. Zum Beispiel sind im aktuellen Verordnungsvorschlag Ausnahmen für Kleinstunternehmen vorgesehen, die auch bisher schon keine vergleichbaren digitalen Zahlungsmittel akzeptieren. Ergänzend möchte ich erwähnen, dass die Kommission gleichzeitig einen Gesetzesvorschlag vorgelegt hat, um die Möglichkeit mit Bargeld zu zahlen auch künftig abzusichern.

Da ja die bewährte Aufgabenteilung zwischen Privatwirtschaft und Zentralbanken beibehalten werden sollsieht der Entwurf der Kommission vor, dass Endnutzerinnen und Endnutzer den digitalen Euro über Akteure der Finanzwirtschaft halten sollen. Gleichzeitig wären Kreditinstitute – zumindest solche mit Zahlungskonten – verpflichtet, auch einen digitalen Euro mit seinen Kerndienstleistungen anzubieten. 

Das in den Entwürfen ebenfalls enthaltene Vergütungsmodell des digitalen Euro zielt darauf ab, Banken vergleichbare Einnahmen zu ermöglichen wie bei anderen privaten digitalen Zahlungsmitteln. Denn, und damit schließt sich der Kreis zu meinen anfänglichen Ausführungen: Banken und Zahlungsdienstleister sollen schließlich auch einen Business Case hinter dem digitalen Euro sehen können.

6 Ausblick und Schluss

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 

wie geht es weiter im Projekt digitaler Euro? Die High Level Task Force des Eurosystems hat einen Vorschlag vorlegt, wie der digitale Euro ausgestaltet sein könnte. Dies ist der Abschluss der Untersuchungsphase. Übermorgen wird der EZB-Rat entscheiden, ob das Projekt mit einer sogenannten Vorbereitungsphase fortgesetzt wird.

Hier geht es unter anderem um die Architektur der Infrastruktur, die hinter einem digitalen Euro steht. Dazu gehört auch die Frage, welche Teile des Systems von nationalen Zentralbanken für das Eurosystem entwickelt und betrieben werden und welche Komponenten extern breitgestellt werden könnten. Sobald weitere Vorbereitungen abgeschlossen sind, könnten die konkreten Entwicklungsarbeiten beginnen. Wann wäre er dann verfügbar? Wenn ich in die Glaskugel schauen müsste, würde ich einen Zeitrahmen von mindestens vier bis fünf Jahren erkennen, bis ein digitaler Euro wirklich marktreif wäre.

Der Zeithorizont wird auch maßgeblich davon abhängen, wie sich der politische Diskurs entwickelt. Denn ich möchte betonen: In der anstehenden Sitzung des EZB-Rats geht es nicht um die Entscheidung darüber, ob ein digitaler Euro tatsächlich eingeführt werden soll. Hierfür braucht das Eurosystem den Gesetzgeber, der den rechtlichen Rahmen setzen würde. Bei dem Verordnungsvorhaben der Europäischen Kommission ist aus meiner Sicht mit einem Abschluss nicht vor Ende 2024 zu rechnen. Es geht schließlich um ein umfangreiches Vorhaben von großer gesellschaftlicher Tragweite. Hinzu kommt, dass das EU-Parlament im nächsten Jahr neu gewählt wird, was Verzögerungen im Rechtssetzungsprozess zur Folge haben könnte. 

Beim Projekt digitaler Euro sind inzwischen die ersten Fundamente gelegt und wir haben auch schon eine ganz gute Vorstellung davon, wie unsere „architektonische“ Landmarke aussieht. Es kommt in den nächsten Schritten auf eine wohlüberlegte Ausgestaltung an: Des Gebäudes, der Fassade, aber auch des Umfeldes. Nur dann kann der digitale Euro die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen. Schließlich soll er – ganz im Geiste dieses Gebäudeensembles von David Chipperfield – als neues Bindeglied die Beziehung zwischen Zentralbanken, Wirtschaft und Finanzindustrie stärken.

Aber dafür braucht es den engen Austausch zwischen allen Interessengruppen. Insbesondere auch zwischen Ihnen und uns.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
 

Fußnoten:

  1. Vgl. Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA » Empire Riverside Hotel, Hamburg – 1. Preisrang (bda-bund.de) 
  2. Girocard Halbjahreszahlen 2023, vgl. girocard Halbjahreszahlen 2023 - girocard 
  3. Vgl. Mitteilung vom 21. September 2023: European Payments Initiative selects "wero" as commercial name for its innovative digital wallet  - European Payments Initiative (epicompany.eu) 
  4. Vgl. CFS-Umfrage zur Notwendigkeit eines „digitalen Euro“ - Center for Financial Studies (gfk-cfs.de) 
  5. Vgl. Studie von Kantar im Auftrag der EZB, Study on New Digital Payment Methods, März 2022.
  6. Vgl. Studie von Kantar im Auftrag der EZB, Study on New Digital Payment Methods, März 2022.