Perspektiven im europäischen Zahlungsverkehr: SEPA vor und nach dem 1. Februar 2014 Keynote Speech auf der Payments Konferenz der Euro Finance Week

Es gilt das gesprochene Wort.

1 Einleitung

Sehr geehrter Herr Nymphius,

vielen Dank für Ihre einleitenden Worte.


Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Prof. Bott,

"Stellen Sie sich vor, es ist SEPA und keiner hat es gemerkt". So hatten Sie, lieber Herr Nymphius, Ihre einleitenden Worte in der Ankündigung dieser Konferenz formuliert. Sie haben sicherlich an eine reibungslose, geräuschlose Einführung gedacht, wenn Sie sagen, SEPA wird ein Erfolg, wenn niemand etwas merkt.

Ich möchte auch, dass SEPA ein Erfolg wird. Ich wünsche mir eine reibungslose und geräuschlose Einführung. Aber auch an Weihnachten werden voraussichtlich nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen und meine Sorge ist, dass dies auch bei SEPA der Fall sein könnte. Deshalb haben die Kreditwirtschaft und die Deutsche Bundesbank eine breite Öffentlichkeitsarbeit mit Zeitungsartikeln, Interviews, einer Anzeigenkampagne und Flyern gestartet, damit die Markteilnehmer frühzeitig das Problem erkennen und entsprechende Lösungen rechtzeitig angehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Europa ist der größte Wirtschaftsraum der Welt, noch vor den Vereinigten Staaten und weit vor der Volksrepublik China. In diesem Wirtschaftsraum sind die nationalen Grenzkontrollen durch die Schengener Abkommen längst abgeschafft worden. Durch SEPA sollen nun auch die Grenzen im Zahlungsverkehr fallen, damit wir den leistungsfähigsten Zahlungsverkehrsraum der Welt schaffen.

Lassen Sie mich zunächst darauf eingehen, welche Dimension die bevorstehende Umstellung hat. Dann möchte ich auf die noch drängenden Probleme in der kurzen Frist bis zur Umstellung zu sprechen kommen. Die längerfristige Perspektive – und die fängt schon in zwei Monaten an ­– steht am Ende meiner Ausführungen.

2 Dimension der Umstellung  

Bei SEPA muss nun der Endspurt beginnen, denn ab dem 1. Februar 2014 dürfen Kreditinstitute grundsätzlich keine Zahlungsaufträge mehr in nationalen Formaten annehmen. So trocken formuliert wie in der SEPA-Verordnung der Europäischen Union klingt dies nicht sonderlich aufregend. Doch wir reden hier von einem echten Quantensprung im Zahlungsverkehr, der in dieser Größenordnung noch nie dagewesen ist. Bisher waren die technischen Formate im Zahlungsverkehr entlang nationaler Grenzen festgelegt.

Das DTA-Format war die technische Grundlage für den deutschen Zahlungsverkehr seit 1975. Insofern stehen wir nun am Ende einer Ära im sehr effizienten deutschen Zahlungsverkehr. Aber Europa kann sich rühmen, als erster Währungsraum der Welt den Massenzahlungsverkehr durchgehend auf den neuesten technischen Standard, das XML-Format des ISO 20022 Standards, umzustellen.

Mit der Einführung von SEPA vergrößert sich die Reichweite im Zahlungsverkehr um ein Vielfaches. Es geht um Überweisungen und Lastschriften in Euro in allen EU-Ländern, nicht nur um grenzüberschreitende Transaktionen. Die Gesamtzahl aller Überweisungen und Lastschriften im Euro-Raum liegt arbeitstäglich bei gut 140 Millionen Stück.

Der deutsche Anteil ist daran mit fast 60 Millionen Zahlungen immens, er liegt bei knapp 43 Prozent. Wenn ich mir den Stand der Migration im Oktober 2013 in Deutschland ansehe, so waren erst 20,93 Prozent aller Überweisungen SEPA-Überweisungen. Es müssen also von den arbeitstäglich abgewickelten 24,6 Millionen Überweisungen noch 19,43 Millionen Stück auf SEPA umgestellt werden. Bei der Lastschrift ist der Weg noch weiter. Dabei müssen von den 35,3 Millionen Transaktionen pro Arbeitstag mittelfristig noch 34,2 Millionen Stück umgestellt werden, denn hier beträgt der Anteil an SEPA-Lastschriften am gesamten Lastschriftvolumen erst 3 Prozent.

Bei der Umstellung der Lastschrift in Deutschland sind zwei Punkte zu beachten: Zum einen ist vermutlich im Januar 2014 mit einem erhöhten Volumen an Nicht-SEPA-Lastschriften zu rechnen. Denn viele Lastschrifteinreicher wie etwa Vereine werden jährlich fällige Lastschriften noch einmal im Altverfahren abwickeln. Zum anderen ist Deutschland bei der Lastschriftabwicklung in einer Sondersituation, die dazu führt, dass wir bei den Lastschriften im Februar 2014 nicht 100 Prozent SEPA-ready sein können. Denn das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) des Handels darf noch zwei Jahre weiter nach dem nationalen Standard abgewickelt werden. Nehmen wir an, es sind mindestens 10 Prozent der Lastschriften ELV-Lastschriften, so sind es immer noch gut 30 Millionen Transaktionen, die in 72 Tagen pro Arbeitstag ganz anders abgewickelt werden als heute.

Damit stehen wir vor einer großen Umstellungswelle. Denn am Endtermin wird sich nichts ändern, auch wenn immer noch einige wenige darauf spekulieren werden. Insofern ist ein Big Bang unausweichlich. Denn in 72 Tagen müssen die Zahlungen von Banken, Wirtschaftsunternehmen, aber auch Vereinen im SEPA-Format erfolgen. Der Endtermin vom 1. Februar 2014 ist Gesetz.

Damit stecken wir in der Situation, dass SEPA – ein "Once-in-a-Generation"-Projekt – in wenigen Wochen umgesetzt sein muss. Dies birgt nicht unerhebliche Risiken für die Abwicklung von Zahlungen.

3 Operationelle Risiken

Letztlich muss nun jede der vielen Millionen Überweisungen und Lastschriften technisch "angefasst" werden. Vor allem heißt dies, dass die Adressierungen der Zahlungen – sprich die Identifikationen der Konten – umgestellt werden. Dabei gehe ich davon aus, dass die Software zur Konvertierung, die die Banken herausgeben, inzwischen nahezu hundertprozentig funktioniert. Aber man darf nicht übersehen, dass durch die SEPA-Umstellung Kontobrücken, automatische Weiterleitungen und Leitwegsteuerungen entfallen. Diese Arten von Umleitungen sind im Laufe von fast vierzig "DTA-Jahren" von vielen Kreditinstituten eingerichtet worden.

Im DTA-Verfahren kann etwa bei Lastschrifteinreichern noch die alte Kontonummer und/oder Bankleitzahl bei einer längst geschlossenen Filiale der Bank des Zahlers hinterlegt sein. Die Bank des Zahlers hat, um Zahlungsempfänger und Zahler nicht damit zu belasten, einen "Leitweg" auf das neue Konto des Kunden gelegt – beispielsweise in der Hauptstelle. Bei der automatischen Umstellung der Kontodaten auf IBAN (International Bank Account Number) wird diese Kontoverbindung als nicht umstellbar ausgewiesen. Damit muss der Lastschrifteinreicher erst einmal herausfinden, wie die neue Kontoverbindung des Kunden eigentlich lautet. Dies ist aufwändig. Sicherlich handelt es sich dabei um Einzelfälle, aber angesichts der hohen Volumina geht es bei frei unterstellten 0,05 Prozent solcher Fälle deutschlandweit gleich in die Zigtausende. Bei rund 60 Millionen Überweisungen und Lastschriften wären dies 30.000 Stück pro Arbeitstag, die nachbearbeitet werden müssen. Wer ist darauf vorbereitet, wo heute die Abwicklung fast vollständig automatisiert ist?

Manuelle Nachbearbeitung führt zu kurzfristigen Verzögerungen von Zahlungen, die den einzelnen Zahlungsempfänger empfindlich treffen können. Diese Situation wird im Februar sicherlich hier und da eintreten. Der SEPA-unwissende Kunde möchte wie gewohnt seine Zahlungsaufträge bei der Bank – überwiegend online – einliefern. Die Bank wird ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass sie dies so nicht mehr akzeptieren darf und dem Kunden dann vermutlich auf Services zur Konvertierung dieser Zahlungen aufmerksam machen. Bei Überweisungen kann der Kunde damit rechnen, dass die Konvertierung relativ schnell geht. Doch bei Lastschriften ist die Situation für ihn schwieriger, denn erstens ist es langwieriger (unter anderem wegen Gläubiger-Identifikationsnummer und Kundeninformation) und zweitens muss er als Lastschrifteinreicher die Liquiditätsengpässe überbrücken.

Insofern zeigt sich, dass es durchaus Risiken gibt, vor allem für die Lastschrifteinreicher, aber auch für Überweisungsempfänger, die auf Zahlungen von Kunden mit SEPA angewiesen sind. Aber auch die Banken müssen mit einem erhöhten Bedarf an Nachbearbeitung und an Beratungsaufwand im Januar und Februar rechnen.

Gesamtwirtschaftlich halten wir diese Risiken für beherrschbar. Denn die SEPA-Verfahren sind nicht neu. Ich gehe davon aus, dass sich die Kreditwirtschaft auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft eingestellt hat. Außerdem dürften auch die großen Nutzer von Zahlungsdiensten insgesamt gut vorbereitet sein.

Hinzu kommt, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher keine akuten Vorbereitungen notwendig sind. Bei ihnen geht auf dem Konto monatlich das Gehalt oder die Rentenzahlung ein. Wer Rente, Arbeitslosen- oder Kindergeld bezieht, bekommt diese Zahlungen schon als SEPA-Überweisung, denn die Umstellung des Rentenservices ist schon lange abgeschlossen. Die Bundesagentur für Arbeit hat ihre Umstellungsarbeiten so gut wie beendet.

Regelmäßige Zahlungen werden bei Privatpersonen vor allem als Daueraufträge abgewickelt oder als Lastschriften abgebucht. Bei den Daueraufträgen übernimmt die Umstellung das Kreditinstitut. Und über die Umstellung der laufenden Lastschriften informiert der Zahlungsempfänger den Zahlungspflichtigen, dass die Einzugsermächtigung auf die SEPA-Lastschrift umgestellt wird. Solche Schreiben sind sicher schon in jedem Haushalt eingetroffen. Im September 2013 haben die meisten Lastschrifteinreicher damit begonnen. Auch die Finanzämter sind in dieser Hinsicht aktiv geworden und haben in den vergangenen Wochen die Mitteilungen zur Umstellung der Lastschriftmandate verschickt. Für diejenigen, die mit Steuernachforderungen rechnen, war es sicher eine schöne Überraschung, wenn die Post vom Finanzamt nur die Mitteilung zur SEPA-Umstellung enthielt.

4 Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

Trotz der immer noch besorgniserregend niedrigen tatsächlichen Nutzung von SEPA können wir davon ausgehen, dass die Vorbereitungen in den Unternehmen in vollem Gang sind. Dies kann ich mit einiger Sicherheit aus folgenden Gründen sagen.

  • Als das in der Bundesbank für den Zahlungsverkehr zuständige Vorstandsmitglied habe ich alle DAX- und MDAX-Unternehmen angeschrieben, und diese auf die drängende SEPA-Umstellung aufmerksam gemacht. Dabei habe ich überwiegend die Antwort erhalten, dass sie sich intensiv mit SEPA beschäftigen, das Projekt aber erst zum Jahreswechsel abschließen werden.

  • Das Wissen um SEPA nimmt rasant zu. So sind es nach den jüngsten Umfragen des DIHK nur noch 2 Prozent aller Unternehmen, die noch nie etwas von SEPA gehört haben. In diese Richtung weisen auch die Ergebnisse der Umfragen, die die großen Branchenverbände im Deutschen SEPA-Rat präsentieren. Nach diesen Umfragen plant auch die große Mehrheit der Unternehmen die Umstellung zum Jahresende.
  • Auch die monatlich vergebene Anzahl der Gläubiger-Identifikationsnummern steigt kontinuierlich. Im Oktober 2013 hatten wir den Höchststand mit rund 140.000 monatlich vergebenen Nummern. Insgesamt haben wir heute gut 1,1 Millionen Stück an 240.000 Vereine und rund 875.000 Unternehmen vergeben. Wie viele noch gebraucht werden, ist schwer zu sagen. Denn es gibt keine Angaben über die Gesamtzahl der lastschrifteinreichenden Unternehmen in Deutschland. Die Angabe vom 3,6 Millionen Unternehmen aus dem Statistischen Jahrbuch hilft nur bedingt weiter, denn darunter befinden sich viele kleine Handelsunternehmen, die in der Regel keine Lastschriften einziehen. Hinzu kommen diejenigen, die ein Gewerbe angemeldet haben, aber schon lange nicht mehr aktiv sind. Nichtsdestotrotz erscheint ein Anteil von nicht einmal 25 Prozent der Unternehmen nach dem Statistischen Jahrbuch doch etwas gering – insbesondere dann, wenn man sich die große Verbreitung der Lastschrift in Deutschland vor Augen führt. Im Jahr 2012 waren in Deutschland mit 8,8 Milliarden Stück fast die Hälfte aller unbaren Zahlungen Lastschriften.

Auch in der Kreditwirtschaft stehen alle Zeichen auf SEPA. Die Verfahren sind schon lange implementiert. Die Institute bereiten sich nun darauf vor, dass es insbesondere im Januar eng werden wird, wenn Unternehmen und Vereine, aber sicherlich auch Privatpersonen in den Schalterräumen, am Telefon und online Unterstützung bei der SEPA-Umstellung benötigen. Beratungsunternehmen sprechen schon von einer Panikwelle, die zu erwarten ist.

Um die Vorbereitung der Banken sicherzustellen, hat auch die für die Einhaltung der Verordnung zuständige Behörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), alle knapp 2.000 Kreditinstitute in Deutschland befragt. In ihrem ersten Auskunftsersuchen hatte sie im August festgestellt, dass die Kreditinstitute gut aufgestellt sind, was die technische Auslegung der Systeme für SEPA angeht. Einige Defizite zeigten sich bei den Kommunikationsaktivitäten der Banken gegenüber Firmenkunden und bezogen auf die eigene betriebliche SEPA-Migration. Zurzeit läuft eine weitere Umfrage, in der noch dezidierter nach dem Umstellungsstand der lastschrifteinreichenden Kunden und den Informationsmaßnahmen der Banken gefragt wird.

Spätestens seit den Aktivitäten der BaFin erfreut sich das doch eher technische Thema "SEPA-Umstellung" deutlich höherer Aufmerksamkeit. Die Beratungskapazitäten sind aufgestockt und es stehen Lösungswege für die Kunden bereit, wenn sie im Februar 2014 wirklich mit den alten Formaten in den Kreditinstituten auftauchen. Die Unternehmen sollten sich aber bewusst sein, dass sie solche "Lastminute-Konvertierungen" vermutlich teuer zu stehen kommen werden. Außerdem sind für die Konvertierung von Lastschriften einige Tage Vorlauf einzuplanen.

Es ist davon auszugehen, dass die erste große Umstellungswelle auf SEPA jetzt im November stattfindet. Dafür spricht die Tatsache, dass seit Anfang November die SEPA-Lastschrift mit den auf einen Tag verkürzten Vorlaufzeiten von den Kreditinstituten in Deutschland akzeptiert wird. Dies war für einige Firmen der Anlass, mit der SEPA-Umstellung noch so lange zu warten, bis dieses Zusatzangebot verfügbar ist.

Weiterhin spricht für einen echten Sprung in der SEPA-Nutzung im Laufe dieses Monats, dass die meisten Banken zum November ihre Software umstellen. Damit geht die Umstellung der Daueraufträge einher, ebenso wie die Hinterlegung der SEPA-Standards als Standardverfahren bei der Überweisung. Der Privatkunde hat dann im Onlinebanking die Wahl, ob er noch Kontonummer und Bankleitzahl oder IBAN (und BIC) nutzen möchte. Eine SEPA-Überweisung bringt er nun aber auf jeden Fall auf die Reise.

Was die SEPA-Lastschrift angeht, so ist es uns gelungen, im Deutschen SEPA-Rat eine weit verbreitete Unsicherheit auszuräumen. Es ging um die Möglichkeit der Akzeptanz von Lastschriftmandaten, die dem Lastschrifteinreicher online vorliegen. Klargestellt wurde, dass sich die Rechtslage in dieser Hinsicht nicht geändert hat. Kreditinstitute sind weiterhin frei, von ihren lastschrifteinreichenden Kunden solche Lastschriften zu akzeptieren. Das heißt, alles bleibt hier wie gehabt: Banken können weiterhin Online-Mandate akzeptieren, sie müssen es aber nicht. Diese Klarstellung für Deutschland soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir europaweit ein echtes "E-Mandat" brauchen.

Für die Kreditwirtschaft ist die Umstellung auf SEPA aber nicht nur logistisch eine große Herausforderung. Denn die laufenden Umstellungsprozesse können die Kunden auch zu einer Neuorientierung führen. Für alle Institute bietet somit auch der Umstellungsprozess die Chance, neue Kunden zu gewinnen, aber auch die Bestandskunden zu halten – beispielsweise durch besondere SEPA-Kompetenz in der Beratung.

Lassen sich mich ein Zwischenfazit ziehen. Bisher ist die Nutzung der SEPA-Verfahren zwar besorgniserregend niedrig. Aber es wird keine Aufweichung der Umstellungsfrist geben. Das ist sicherlich insbesondere für Deutschland sehr sportlich, aber es ist noch zu schaffen, wenn sich alle Beteiligten anstrengen, und angesichts des anstehenden Big-Bangs nicht in Panik verfallen. Im sportlichen Kontext wäre in einer solchen Situation vermutlich nun die Rede davon, dass die SEPA-Beteiligten als eine Nationalmannschaft anzusehen sind. Für den Zahlungsverkehr ist der Erfolg dieser Nationalmannschaft nun unter Beweis zu stellen – und vielleicht mit noch mehr Erfolg als in den vergangenen Europameistermeisterschaften im Fußball.

5 Nach Februar 2014

In den ersten Wochen nach dem 1. Februar 2014 werden wir vermutlich alle noch mit den Friktionen der SEPA-Umstellung zu kämpfen haben. Ein leichtes Rumpeln – wie es unsere Techniker nennen – wird sich kaum vermeiden lassen, aber es sollte nicht wirklich laut werden. Urlaubssperren in vielen Kreditinstituten ebenso wie in der Bundesbank sollen ihren Teil dazu beitragen, dass sich der Lärm in Grenzen hält. Damit meine ich schlussendlich Verzögerungen bei der Zahlungsabwicklung, die für den Einzelnen oder die einzelne Firma sicher schmerzhaft sein können, aber gesamtwirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen dürften. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass SEPA kurz nach dem 1. Februar 2014 Realität ist.

Verglichen mit der Situation im Zahlungsverkehr Ende der 1990er Jahre wird sich der Markt dann ganz entscheidend verändert haben. Zahlungsdienste haben mit der SEPA-Überweisung und der SEPA-Lastschrift eine gemeinsame europaweite Basis. Die Europäische Kommission und das Eurosystem sind sehr darauf bedacht, dass bei der Weiterentwicklung des Marktes keine nationalen Insellösungen entstehen. Dies ist tatsächlich weiterhin eine Herausforderung, weil die Einführung von Zusatzservices am einfachsten entlang nationaler Grenzen umzusetzen ist, wie es die Einführung von COR1 gezeigt hat. Zum einen gibt es national traditionell ähnliche Nutzerbedürfnisse, zum anderen kann man national auf eingespielte Regelungsprozesse zurückgreifen. In Deutschland sind dies die Abkommen im Zahlungsverkehr, wie sie in der Deutschen Kreditwirtschaft ausgearbeitet werden. Da sich Gewohnheiten nur langsam ändern, habe ich Zweifel, dass die nationalen Grenzen im Zahlungsverkehr auch beim besten Willen aller Beteiligten in absehbarer Zeit ganz verschwinden werden. Nationale Lösungen können aber nur Zwischenlösungen sein. Es gilt, in einem gemeinsamen Binnenmarkt europaweite Dienste zu schaffen.

Neben der europäischen Harmonisierung kommt eine weitere Herausforderung hinzu. Die Regelungen für das Miteinander im Zahlungsverkehr müssen an die zunehmenden technischen Möglichkeiten angepasst werden. Darum vor allem ging es der Europäischen Union in dem kürzlich vorgestellten Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie für Zahlungsdienste. Ein wichtiges Element ist die Ausweitung ihres Anwendungsgebietes auch auf solche Dienste, die neue technische Lösungen für das Bezahlen im Onlinehandel ermöglichen. Diese Services nutzen aber bisher ungefragt die Infrastruktur der Kreditwirtschaft. Hier muss ein vernünftiges Miteinander geregelt werden, das weiterhin das gewohnte Sicherheitsniveau im Zahlungsverkehr gewährleistet und Innovationen ermöglicht. Die dürfte auch im Interesse der Kreditwirtschaft sein.

Etwas überrascht hat mich allerdings ein Aspekt im ersten Entwurf für die Payment Services Directive 2 (PSD2): In dem Entwurf ist eine Neuregelung des Erstattungsrechts bei Lastschriften vorgesehen. Das unbedingte Recht des Zahlers auf Erstattung soll auf die Fälle eingeschränkt werden, in denen der Zahlungsempfänger seine Dienstleistung noch nicht erbracht hat. Dies entspricht nicht der bewährten Praxis im Zahlungsverkehr. Denn der Charme des Instrumentes der Lastschrift besteht gerade darin, dass eine unbedingte Zurückweisung acht Wochen lang möglich ist. Dies sorgt für Vertrauen in die Lastschrift beim Zahler, und ermöglicht in der Kreditwirtschaft die Massenabwicklung. So ist die Lastschrift eben zu dem beliebtesten bargeldlosen Zahlungsinstrument in Deutschland geworden – eine Entwicklung, die die Bundesbank immer unterstützt hat, weil die Lastschrift ein ebenso sicheres wie effizientes Zahlungsinstrument ist. Und dies muss auch in der neuen SEPA-Welt so bleiben. Insofern ist der Entwurf der PSD2 zu ändern.

Sicherlich hat die Einführung des Binnenmarktes im Zahlungsverkehr ebenso wie die Umwälzungen durch technische Neuerungen ein Mehr an Regulierungen erforderlich gemacht. Dies dürfte vor allem auch die Markttransparenz erhöhen. Allerdings sollte weiterhin klar sein, dass auch der Markt für Zahlungsdienste ein Markt im eigentlichen Sinne bleiben sollte. Damit meine ich ein Geschäftsfeld, in dem es Anbieter und Nachfrager gibt und in dem der Wettbewerb über Produkte und Preise entscheidet.

Mein Fazit lautet, dass wir für die Zeit nach dem 1. Februar 2014 zu einem harmonisierten europäischen Markt für Zahlungsdienste gelangen, der die Innovationskräfte des Marktes in der Weise freisetzt, dass wir in Zukunft das bargeldlose Zahlen mit dem Handy, dem Tablet-PC oder noch eleganteren Geräten deutlich effizienter, aber mindestens genauso sicher wie heute erledigen können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf eine spannende Diskussion mit den anderen Teilnehmern auf dem Podium und mit Ihnen, meine Damen und Herren, im Auditorium.