Zahlungsverkehr in Europa und China: Überlegungen zur Internationalisierung des Renminbi
Es gilt das gesprochene Wort.
- 1 Einleitung
- 2 Wirtschaftlicher Aufstieg Chinas
- 3 Aufnahme des RMB in den IWF-Währungskorb und potenzielle Konsequenzen
- 4 Investition der chinesischen Devisenreserven (insbesondere in deutsche Staatsanleihen)
- 5 Politischer und wirtschaftlicher Dialog mit China
- 6 RMB-Hub Frankfurt / Börsenkooperation
- 7 Schluss
1 Einleitung
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir eine große Freude über die Entwicklung wohl einer der derzeit spannendsten Währungen der Welt zu sprechen.
Wir stehen am Anfang eines neuen Jahres. Vor rund zwei Wochen haben wir Silvester gefeiert. In China beginnt das neue Jahr übrigens erst in circa drei Wochen. Der chinesische Jahreswechsel, der sich nach dem Mondkalender richtet, ist Chinas traditionell wichtigstes Ereignis des Jahres. Nach dem Jahr des Schafes beginnt am 8. Februar das Jahr des Affen. Menschen, die im Jahr des Affen geboren sind, gelten als intelligent, schlau, erfinderisch und flexibel. Offiziell gibt es drei freie Tage für die Bevölkerung, die Feierlichkeiten dauern jedoch bis zum 15. Tag des neuen Jahres. Millionen von Chinesen reisen für die Festtage zurück in ihre Heimatdörfer zu ihren Familien und Verwandten. Es ist jährlich weltweit die größte "Völkerwanderung". Mit den privaten und öffentlichen Transportmitteln werden über 1,5 Milliarden Einzelreisen während der Festtage registriert. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die gesellschaftliche Dimension, sondern lassen auch erahnen, welches volkswirtschaftliche Potenzial in diesem Land steckt.
2 Wirtschaftlicher Aufstieg Chinas
Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft seit dem Beginn ökonomischer Reformen im Jahr 1979 ist zweifelsohne eine – wenn nicht sogar die - herausragende Leistung der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. China hat sich in kürzester Zeit von einem Agrarstaat zu einer globalen Wirtschaftsmacht entwickelt. Dieser Wandel spiegelt sich besonders in der Metropole Peking wider. Hier grenzen uralte Straßenzüge an polierte Hochhausfassaden, Garküchen mit ihren landestypischen Spezialitäten wechseln sich mit internationalen Fastfood-Ketten ab.
Unter der Regierung von Deng Xiaoping begann China seit 1979 den langen Prozess der Umwandlung einer sowjetisch-orientierten Planwirtschaft hin zu einer Wirtschaft, bei der Marktmechanismen die treibenden Kräfte hinter den Produktionsentscheidungen darstellen. Den wohl bedeutendsten Einfluss auf Chinas Wachstum hatte die Öffnung gegenüber der ausländischen Welt. Die Autoritäten erkannten, dass Handel ein notwendiger Teil einer sich selbst modernisierenden Wirtschaft sein müsse. Die Situation verbesserte sich weiter nach 1982, als der Außenhandel einen immer größeren Anteil am nationalen Einkommen ausmachte, und 1986 immerhin schon 35 Prozent erreichte. Die Haupttriebkraft hinter dieser Steigerung war die Schaffung der sogenannten "Sonderwirtschaftszonen". Damit wurden ausländischen Unternehmen Anreize gegeben, Joint Ventures mit chinesischen Firmen einzugehen bzw. auch Firmen zu gründen, die einzig von ausländischen Investoren finanziert werden. Diese Firmen wurden in strategischen Gebieten angesiedelt, die eine große geografische Nähe zu den wirtschaftlich hochentwickelten Zentren wie HongKong und Taiwan aufweisen. Insgesamt wurden Mitte der 1980er Jahren die Restriktionen auf den Handel noch weiter gelockert und ausländische Investitionen insgesamt legalisiert.
China hat in den letzten drei Jahrzehnten ein rasantes wirtschaftliches Wachstum erlebt, mit teilweise zweistelligen Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts. Dadurch ist China mittlerweile zur zweitgrößten Wirtschaftsnation nach den USA aufgestiegen. China hat in den letzten zehn Jahren etwa ein Drittel zum globalen Wirtschaftswachstum beigetragen und sich daher als eine wesentliche Stütze der Weltkonjunktur erwiesen. Für die chinesische Bevölkerung hatte das hohe Wachstum zur Folge, dass sich die Einkommen erheblich erhöht haben. Eine Konsequenz dieser Entwicklung war aber auch, dass die Arbeitskosten massiv gestiegen sind. Nicht zuletzt deswegen ist es notwendig geworden, das stark auf den Export und die Industrie gegründete chinesische Wachstumsmodell anzupassen. Künftig dürfte sich das chinesische Wachstum stärker aus Dienstleistungen speisen, wo typischerweise geringere Produktivitätsfortschritte erzielt werden können.
Vor diesem Hintergrund wird das Wirtschaftswachstum in China in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach weniger dynamisch ausfallen als in der Vergangenheit. Eine solche Wachstumsmoderation war in den letzten Jahren bereits deutlich erkennbar. Im abgelaufenen Jahr ist die chinesische Wirtschaft zwar noch um etwa 7 Prozent gewachsen, das war aber die niedrigste Rate seit 1990. Für die kommenden Jahre hat die chinesische Regierung ein Wachstum von 6,5 Prozent als Ziel vorgegeben. Die chinesische Zentralbank sieht das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2016 bei 6,8 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist mit seiner Prognose vorsichtiger und prognostiziert das chinesische BIP-Wachstum für 2016 auf 6,3 Prozent.
Der Außenhandel ist für Deutschland von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die Exporte machen fast 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. China ist nach Frankreich und den Niederlanden drittwichtigster Handelspartner Deutschlands, das heißt, China ist der wichtigste Handelspartner außerhalb der EU. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und China entspricht knapp einem Drittel des gesamten Handelsvolumens aller EU-Mitgliedstaaten mit China. Jedes dritte Auto von VW, Audi, BMW, und Mercedes haben chinesische Kunden gekauft. Im ersten Halbjahr 2015 stellten deutsche Konzerne gut zwei Millionen Autos in China her. Nicht zuletzt haben sich der deutsche Maschinenbau und die chemische Industrie zu wichtigen Lieferanten für die aufstrebende chinesische Industrie entwickelt. Im Jahr 2015 wurde zudem die Asian Infrastructure Investment Bank mit Sitz in Peking gegründet. An dieser multilateralen Entwicklungsbank hat sich auch Deutschland mit Kapital beteiligt.
Auch sonst sind die Deutschen längst in China angekommen. Allein 5.000 deutsche Unternehmen sind in den unterschiedlichen Auslandshandelskammern registriert. Die zunehmenden China-Aktivitäten dieser Firmen spiegeln sich in der wachsenden Zahl der Auslandsdeutschen in China wider. Ungefähr 17.000 amtlich gemeldete Deutsche leben derzeit als "Expatriates" in China. Die Verbundenheit zeigt sich auch im Flugverkehr. 54 Passagierflugzeuge verbinden jede Woche Frankfurt/Rhein-Main mit chinesischen Städten.
Vor diesem Hintergrund ist gut verständlich, dass mit der steigenden Bedeutung im Welthandel auch das Interesse der chinesischen Regierung, die heimische Währung zu globalisieren, gestiegen ist. Hier wurde vor einigen Wochen ein wichtiger Meilenstein erreicht.
3 Aufnahme des RMB in den IWF-Währungskorb und potenzielle Konsequenzen
Ende November 2015 hat der IWF entschieden, den Renminbi zum 1. Oktober 2016 in seinen Währungskorb aufzunehmen, der den sog. Sonderziehungsrechten (SZR) zu Grunde gelegt wird. China war es aber alles andere als leicht gefallen, Aufnahme in den exklusiven Club der IWF-Reservewährungen zu finden, zumal Anpassungen des Währungskorbs nur alle fünf Jahre stattfinden. Im Jahr 2010 hatte Peking erstmals einen entsprechenden Antrag gestellt und war sicherlich zu recht "abgeblitzt". Damals war zwar Chinas Aufstieg zu einer führenden Wirtschaftsnation bereits vorprogrammiert, die Verwendbarkeit des RMB war aber angesichts eines rigiden Wechselkurssystems und einer starken Kapitalverkehrsabschottung nicht überzeugend genug, um den RMB zu einem offiziellen Reservemedium zu machen.
Die Aussicht auf den Status einer offiziellen Reservewährung hatte in China enorme Kräfte freigesetzt, die chinesische Finanzreformagenda voranzutreiben. Man mag bezweifeln, dass der RMB wirklich alle IWF-Kriterien für die Aufnahme in den Währungskorb erfüllt. Aber zugegebenermaßen ist dies nicht nur eine Entscheidung über die Erfüllung "technischer" Kriterien. Vielmehr handelt es sich um eine politische Entscheidung mit hoher Symbolik. Schon seit Langem kritisieren die Schwellenländer ihren unverhältnismäßig geringen Einfluss im Währungsfonds. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft und größte Exporteur der Welt. Deshalb ist die Aufnahme des RMB in den Währungskorb ein großer Prestigeerfolg und politisch auch gerechtfertigt.
Ein halbes Jahrhundert nachdem unter Mao 45 Millionen Chinesen den Hungertod fanden und China zu den ärmsten Nationen zählte, rangiert die Währung nun unter den offiziell fünf wichtigsten der Welt. In der neuen Rolle einer internationalen Reservewährung ist der RMB allerdings einer neuen Erwartungshaltung und damit gewissen Spannungen ausgesetzt. Dieses Jahr, wenn die Vorbereitungen auf die Anpassungen des IWF-Währungskorbes laufen und China gleichzeitig die Präsidentschaft in der G20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer innehat, braucht es sehr konkrete Fortschritte bei der Öffnung des heimischen Kapitalmarkts, um Zentralbanken und Staatsfonds vernünftige Anlagemöglichkeiten in RMB zu bieten. Zahlreiche Zentralbanken und Staatsfonds halten im Rahmen der gegenwärtigen Möglichkeiten bereits RMB-denominierte Aktiva. Sie wären bereit, diese deutlich auszuweiten, wenn sich entsprechende Zugangsmöglichkeiten und eine verbesserte Liquidität auf Chinas Wertpapiermärkten einstellen würden.
Seit der Entscheidung des IWF, den RMB in den Währungskorb aufzunehmen, zeigt die chinesische Zentralbank mehr Bereitschaft, dem Druck im Markt hin zu einer Abwertungsbewegung des RMB gegenüber dem Dollar nachzugeben. China orientiert sich allerdings seit Mitte Dezember bei der Marktentwicklung des RMB stärker an einem Index, der sich aus einem Korb von Währungen zusammensetzt. Bei diesem Korb handelt es sich um einen Währungsmix, an dem der US Dollar einen Anteil von etwa 26 Prozent und der Euro einen Anteil von 21 Prozent hat. Schließlich beinhaltet das zwischen China und dem IWF vereinbarte Arrangement zur Akzeptanz des RMB als Reservewährung eine Liberalisierung des Wechselkursregimes hin zu einer marktgetriebenen, flexiblen Kursbildung. Dies würde sich nicht mit andauernden massiven Interventionen der chinesischen Zentralbank in Einklang bringen lassen.
Aber es geht noch um mehr als den RMB als Reservewährung. Am 18. Dezember vergangenen Jahres hatte die USA den Weg frei gemacht für eine Anpassung der Finanzierungs- und Führungsstruktur des IWF. Gewinner der Reform ist vor allem China. Die chinesische Beteiligung am Fonds erhöht sich von 3,8 Prozent auf 6 Prozent. Damit steigt China zum drittwichtigsten Staat hinter Japan auf.
Diese Rolle Chinas zeigt sich aber nicht nur an der Globalisierung der heimischen Währung, sondern auch an der starken Stellung als Investor in anderen Währungen.
4 Investition der chinesischen Devisenreserven (insbesondere in deutsche Staatsanleihen)
Die Währungsreserven der Volksrepublik China, die maßgeblich durch den hohen Außenhandelsüberschuss entstanden sind, werden von der chinesischen Zentralbank gehalten. Ende 2014 betrugen sie 3,8 Billionen USD. Die chinesische Zentralbank ihrerseits hat die State Administration of Foreign Exchange (SAFE) als untergeordnete Institution mit der Verwaltung ihrer Währungsreserven beauftragt. Lange Zeit war die chinesische Zentralbank sehr intransparent, was die Publikation von Informationen über die Höhe und Zusammensetzung der chinesischen Währungsreserven betrifft. Erst seit kürzerer Zeit ist hier eine schrittweise Öffnung zu verzeichnen, was nicht zuletzt auch mit der Vorbereitung auf die Aufnahme des RMB in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte und damit einhergehend einer schrittweisen Liberalisierung des Kapitalverkehrs zusammenhängen dürfte. Mittlerweile veröffentlicht SAFE auf monatlicher Basis Daten zur Höhe und groben Zusammensetzung der Währungsreserven auf ihrer Homepage. Diese Daten erlauben jedoch auch weiterhin keine definitiven Schlüsse darüber, in welchen Währungen und Instrumenten die Devisenreserven investiert werden.
Aktuell gehen Währungsexperten davon aus, dass bis zu 60 Prozent der chinesischen Devisenreserven in US Dollar (USD) gehalten werden, rund 20 Prozent in EUR, etwa 10 Prozent in japanischen Yen und der verbleibende Teil in verschiedenen anderen Währungen. Der hohe USD-Anteil erklärt sich in erster Linie dadurch, dass geschätzte 40 Prozent der chinesischen Devisenreserven in US Treasuries gehalten werden, also am liquidesten Anleihemarkt weltweit. Es spricht aber einiges dafür, dass SAFE im Zuge der anwachsenden Devisenreserven eine stärkere Diversifizierung in andere Währungen vorgenommen hat. Ein Großteil der Umschichtungen dürfte dabei in den japanischen Yen, in den südkoreanischen Won, in Euro und den kanadischen sowie australischen Dollar erfolgt sein.
Ein erheblicher Teil der EUR-Reserven der chinesischen Zentralbank dürfte in Bundesanleihen investiert sein, da die Bundesrepublik die größte Volkswirtschaft der Eurozone ist und Bundesanleihen hochliquide handelbar sind. Obwohl es sich beim Markt für Bundesanleihen um einen hochliquiden Markt handelt, führen viele Marktexperten bestimmte Ausschläge in den Bundrenditen und am Leihemarkt nicht zuletzt auch auf mögliche Transaktionen der chinesischen Zentralbank in größerem Ausmaß zurück.
Die starke Zunahme der chinesischen Währungsreserven bis ins vergangene Jahr hinein erklärt sich in erster Linie dadurch, dass China über lange Zeit eine Wechselkurspolitik verfolgt hat, die darauf ausgerichtet war, die eigene Währung nicht bedeutend aufwerten zu lassen. Durch laufende Interventionen zu Lasten der eigenen Währung in erster Linie gegen USD wurden folglich Währungsreserven in erheblichem Umfang aufgebaut. Die zwischenzeitlich begonnene Liberalisierung des Kapitalverkehrs in Verbindung mit einer deutlichen Abschwächung der chinesischen Wirtschaft zieht jedoch seit einiger Zeit steigende Kapitalausfuhren nach sich.
Sowohl Unternehmen mit Sitz in China, als auch wohlhabende Privatpersonen, könnten ökonomisch einen Anreiz haben, Kapital aus RMB zum Beispiel in USD umzuschichten, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Erwartung von Zinssteigerungen in den USA. Dem hieraus resultierenden Abwertungsdruck auf die heimische Währung versucht die chinesische Zentralbank potenziell mit Stützungskäufen des RMB gegen Verkauf von Währungsreserven entgegenzuwirken. So fielen die chinesischen Devisenreserven allein im August 2015 um einen Rekordbetrag von 93,9 Mrd. USD. Im Dezember des vergangenen Jahres sanken die Devisenreserven erneut um stattliche 108 Mrd. USD. Damit betrugen die chinesischen Währungsreserven im Dezember 2015 3,3 Bio. USD. Sie waren damit 500 Mrd. USD niedriger als Ende 2014. Sie sind damit immer noch gewaltig.
5 Politischer und wirtschaftlicher Dialog mit China
Neben den dynamischen Handelsbeziehungen prägen regelmäßige hochrangige politische Kontakte sowie die kultur- und wissenschaftspolitische Zusammenarbeit die Beziehungen zwischen Deutschland und China.
Seit 2011 finden regelmäßige Regierungskonsultationen statt, zuletzt im Oktober 2014. Insgesamt gibt es mittlerweile über 60 Dialogforen. Ein wichtiges neues Abstimmungsformat ist der hochrangige finanzpolitische Dialog der Finanzminister und Notenbankchefs.
Im Jahre 1995 habe ich selbst als Vorsitzender des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages und Mitglied der Delegation des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl Peking besucht. Damals galt es noch Grundlagen für ein gemeinsames Verständnis zu legen. Heute können wir auf einem gewachsenen Verständnis füreinander aufbauen. So habe ich zusammen mit Vertretern der chinesischen Zentralbank Mitte September des vergangenen Jahres das Sino-German Center of Finance and Economics eröffnet. Ich bin stolz, dass die Bundesbank im Kuratorium vertreten ist. Das Sino-German Center of Finance and Economics ist Teil der Goethe-Universität in Frankfurt. Bei dem deutsch-chinesischen wissenschaftlichen Forschungszentrums geht es um unabhängige Forschung, Aus- und Weiterbildung zum besseren Verständnis des jeweils anderen. Ich glaube, dass dies in der gegenwärtigen Phase der Umstrukturierung der chinesischen Wirtschaft von besonderem Wert sein kann.
6 RMB-Hub Frankfurt / Börsenkooperation
Aber neben dem politischen und wissenschaftlichen Dialog kommt es auch auf konkrete Verbesserung für die Abwicklung des Außenhandels an. Und hier spielt der Zahlungsverkehr eine wichtige Rolle. Denn jedes Außenhandelsgeschäft zieht auch einen Geldfluss – eine Zahlung – nach sich.
Der US-Dollar ist derzeit noch die meistgenutzte Währung für den Handel mit China. Die Nutzung des RMB als Rechnungswährung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. In der Handelsfinanzierung hat die chinesische Währung den Euro schon abgehängt und liegt auf dem zweiten Platz direkt hinter dem US-Dollar. Im internationalen Zahlungsverkehr lag der RMB – gemessen am Wert der Transaktionen im November 2015 – auf Platz 5. Knapp 2 Prozent aller weltweiten Zahlungen werden als RMB-Zahlungen abgewickelt.
Die chinesische Regierung hatte in der Vergangenheit die RMB-Offshore-Märkte gestärkt und damit den Importeuren außerhalb Chinas die Bezahlung in RMB ermöglicht. Konkret ist damit die Abwicklung von Zahlungen in RMB über Konten bei Banken außerhalb von "Mainland" China – insbesondere Hong Kong – gemeint. Für die politische Führung war dies Teil der langfristig angelegten Strategie zur Öffnung der Märkte mit einer weitergehenden Konvertibilität des RMB bei gleichzeitig weiter bestehenden Kontrollmöglichkeiten. Denn für die Abwicklung in den RMB-Offshore-Märkten hat die chinesische Zentralbank eine chinesische Bank als RMB Clearing-Bank bestimmt.
Im Zuge dieser Strategie hat die chinesische Zentralbank die Bank of China, Niederlassung Frankfurt im Juni 2014 als offizielle RMB Clearing-Bank für den Finanzplatz Frankfurt bzw. Deutschland beauftragt. In Europa sind fünf Offshore RMB Clearing-Banken (in Frankfurt, London, Paris, Luxemburg und Zürich) von der chinesischen Zentralbank bestimmt worden. Weltweit gibt es inzwischen 17 Clearing-Banken. Der RMB-Offshore Clearing Hub Franfkurt ermöglicht beispielsweise kleineren und mittelständischen Unternehmen sowie ihren Hausbanken, Geschäftsbeziehungen mit China auf- bzw. auszubauen und trotzdem bequem und effizient aus der heimischen Zeitzone und Rechtsordnung agieren zu können.
Basis für die Errichtung der RMB Clearing-Bank in Frankfurt war die Unterzeichnung einer Absichtserklärung zwischen der chinesischen Zentralbank und der Bundesbank im März 2014. Konkret haben mein Vorstandskollege, Dr. Joachim Nagel und ich mit der damaligen Vize-Gouverneurin der chinesischen Zentralbank die Unterstützung und Förderung des RMB-Zahlungsverkehrs zwischen China und Deutschland schriftlich vereinbart.
Anfang Oktober des vergangenen Jahres hat die chinesische Zentralbank zudem ihr neues Zahlungssystem "China International Payment System" (CIPS) in Betrieb genommen. Sie hat damit einen weiteren Schritt getan, um die Internationalisierung des RMB voranzutreiben. 19 Banken waren an der Entwicklung beteiligt, darunter auch acht ausländische Institute, wie die Deutsche Bank, die Hongkong und Shanghai Bank (HSBC) und die Citibank. Sie gehören nun auch zu den ersten Banken, die direkt – allerdings über ihre Niederlassungen in "Mainland" China – an CIPS angeschlossen sind. In einem zweiten Schritt soll ausländischen Banken eine direkte Teilnahme aus dem Ausland ermöglicht werden.
CIPS soll das erwartete Wachstum bei den RMB-Transaktionen infrastrukturell abfedern. CIPS wickelt nur Offshore-RMB-Zahlungen ab. Politisch werden durch CIPS die Integration in das internationale Clearingsystem gefördert, Nachteile in der Abwicklungseffizienz im Hinblick auf andere Währungen (insbesondere USD) abgebaut und die Nutzung von RMB im globalen Handel gefördert. CIPS wird allgemein als Maßnahme angesehen, die den Aufstieg des RMB zu einer globalen Reservewährung flankiert. CIPS wird die Offshore Clearing-Banken nicht ersetzen, sondern ergänzen, weil die Offshore Clearing-Banken die Verankerung in den jeweiligen Heimatmärkten ermöglichen.
Ein weiterer bedeutender Meilenstein für die Entwicklung des RMB zur Reservewährung war der Start des ersten offiziellen Handelsplatzes für chinesische Anlageprodukte in RMB außerhalb der Volksrepublik China Mitte November des vergangenen Jahres. Die Gruppe Deutsche Börse, die Shanghai Stock Exchange und die China Financial Futures Exchange hatten im Mai 2015 das Joint Venture zum Aufbau der China Europe International Exchange bekannt gegeben. Die neue Börse ermöglicht Anlegern während der europäischen und US-amerikanischen Handelszeiten Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt.
Das neue Unternehmen hat seinen Sitz in Frankfurt. Die deutsch-chinesische Börse wird auf der etablierten und global verfügbaren Infrastruktur der Gruppe Deutsche Börse betrieben. Die drei Joint-Venture-Partner haben sich bewusst für Frankfurt als Finanzplatz entschieden, um ihren Service in einem europäischen regulatorischen Umfeld und in der europäischen und amerikanischen Zeitzone anzubieten. Die sich aus der Wertpapierabwicklung ergebenden Geldströme sollen über die in Frankfurt angebotene Clearinginfrastruktur geleitet werden.
7 Schluss
Meine Damen und Herren,
so kurz nach dem Neujahrfest im Westen und noch vor dem Jahreswechsel in China ist es noch zu früh, fundierte Prognosen für 2016 abzugeben. Zu Anfang des Jahres erschütterten Börsen-Turbulenzen in China die internationalen Finanzmärkte. Ein neuer Schutzmechanismus hatte in der ersten Januarwoche gleich zwei Mal den Handel vorzeitig beendet. Mittlerweile haben die chinesischen Behörden den Mechanismus wieder abgeschaltet. Mit diesem Markteingriff war nämlich nur das Gegenteil des erwünschten Effekts erzielt worden. Der Handelsstopp hatte die Panik der Anleger geschürt. Sie fürchteten, bei einem weiteren Rückgang der Kurse ihre Papiere nicht mehr verkaufen zu können.
Auch wenn der chinesische Kapitalmarkt um ein Vielfaches größer ist als der deutsche Kapitalmarkt, ist er weitgehend durch die Aktivität inländischer Anleger gekennzeichnet. Ausländische Investoren haben auf weniger als 2 Prozent des Marktes Zugriff. Einheimische institutionelle Investoren gibt es wenige und die staatlichen Versicherungen und Banken werden aufgrund der Marktstruktur häufig nur auf politische Weisung aktiv.
Rund 5 Prozent der chinesischen Haushalte besitzen Aktien. Der Aktienmarkt hat als Drehscheibe für die Eigenkapitalausstattung chinesischer Unternehmen eine geringe Bedeutung. Die Wirtschaftsunternehmen in China finanzieren sich insbesondere über Kredite. Die chinesische Zentralbank hatte Anfang Januar angekündigt, der Konjunktur über zusätzliche Kreditprogramme der Wirtschaft unter die Arme zu greifen.
Die Verflechtungen mit den chinesischen Finanzmärkten mögen gering sein; aber insoweit sich darin Sorgen über die weitere realwirtschaftliche Entwicklung oder auch Unsicherheiten in der Ausrichtung der Währungspolitik spiegeln, sind sie auch für uns von essentiellem Interesse. Deshalb ist es empfehlenswert, die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und insbesondere der chinesischen Währung, aber auch die Lage an Finanzmärkten, zu verfolgen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit; und ich wünsche Ihnen nicht nur für 2016, sondern für Ihre gesamte Studienzeit Gesundheit, Ausdauer, Glück und selbstverständlich viel Erfolg.