Geldpolitischer Handlungsrahmen

Der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems umfasst die allgemeinen Regelungen für die geldpolitischen Instrumente und Verfahren des Eurosystems, mit denen die Beschlüsse des EZB-Rats zur Durchführung der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet dezentral umgesetzt werden. Die geldpolitischen Geschäfte des Eurosystems werden in allen Mitgliedstaaten zu einheitlichen Bedingungen durchgeführt. Für die Durchführung der Geldpolitik des Eurosystems gegenüber deutschen Geschäftspartnern ist die Deutsche Bundesbank zuständig.

Der geldpolitische Handlungsrahmen besteht aus einer Reihe geldpolitischer Instrumente. Das Eurosystem führt Offenmarktgeschäfte, insbesondere geldpolitische Refinanzierungsgeschäfte, durch, bietet ständige Fazilitäten an und verlangt von Kreditinstituten, Mindestreserven auf Konten im Eurosystem zu halten. Der geldpolitische Handlungsrahmen des Eurosystems ist so festgelegt, dass die Teilnahme eines breiten Kreises von Geschäftspartnern gewährleistet ist. Mindestreservepflichtige Kreditinstitute können die ständigen Fazilitäten des Eurosystems in Anspruch nehmen und an den Offenmarktgeschäften des Eurosystems im Wege von Standardtendern teilnehmen.

Gemäß Artikel 18.1 der ESZB-Satzung sind für alle Kreditgeschäfte (d. h. liquiditätszuführende geldpolitische Geschäfte und Innertageskredite) des Eurosystems ausreichende Sicherheiten zu stellen. Das Eurosystem akzeptiert für seine Geschäfte eine breite Palette von Sicherheiten. Es hat ein einheitliches Verzeichnis notenbankfähiger Sicherheiten erstellt, die für alle Kreditgeschäfte des Eurosystems verwendet werden können.

Am 13. März 2024 hat der EZB-Rat Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen beschlossen. Diese Änderungen werden sich darauf auswirken, wie Zentralbankliquidität angesichts einer in den kommenden Jahren nach wie vor erheblichen, aber allmählich sinkenden, Überschussliquidität im Bankensystem bereitgestellt wird. Die Entscheidungen sollen sicherstellen, dass der Handlungsrahmen auch vor dem Hintergrund der Bilanznormalisierung des Eurosystems weiterhin angemessen ist. Unter anderem beschloss der EZB-Rat, dass der geldpolitische Kurs weiterhin über den Zinssatz der Einlagefazilität gesteuert wird. In diesem Zusammenhang kann eine gewisse Volatilität der kurzfristigen Geldmarktzinssätze toleriert werden, solange das Signal zum beabsichtigten geldpolitischen Kurs dadurch nicht verzerrt wird. Weitere Informationen zur Anpassung des geldpolitischen Handlungsrahmens finden Sie unter dem entsprechenden Link unter Externe Links.  

Der EZB-Rat kann die Instrumente, Konditionen, Zulassungskriterien und Verfahren für die Durchführung der geldpolitischen Geschäfte des Eurosystems jederzeit ändern.

Geldpolitische Sondermaßnahmen

Seit dem Ausbruch der Banken-, Finanz- und Staatsschuldenkrise im Jahr 2007 hat der EZB-Rat eine Reihe geldpolitischer Sondermaßnahmen beschlossen und damit die Nutzung des geldpolitischen Handlungsrahmens zur Umsetzung der Geldpolitik verändert. So werden derzeit alle regulären geldpolitischen Refinanzierungsgeschäfte als Mengentender mit Vollzuteilung durchgeführt. Darüber hinaus wurden die Mindestreserveanforderungen gesenkt, der Sicherheitenrahmen erweitert und Fremdwährungsliquidität angeboten.

Zusätzlich hat der EZB-Rat seit 2014 beschlossen, in Ergänzung des bestehenden geldpolitischen Handlungsrahmens, befristete geldpolitische Ankaufprogramme sowie gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (Targeted longer-term refinancing operations, TLTRO) durchzuführen.

Das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) umfasst neben den Programmen zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme 3, CBPP3) und Asset-Backed Securities (Asset-Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) seit Januar 2015 auch ein Programm zum Ankauf von Anleihen von Zentralstaaten, Emittenten mit Förderauftrag und europäischen Institutionen mit Sitz im Euroraum (Public Sector Purchase Programme, PSPP). Darüber hinaus wurde das APP im Juni 2016 durch ein Ankaufprogramm für Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) ergänzt. Die Nettoankaufvolumina wurden regelmäßig angepasst und von Januar bis Oktober 2019 vorübergehend vollständig ausgesetzt. Seit dem 1. Juli 2022 finden keine Nettoankäufe im Rahmen des APP mehr statt. Am 15. Juni 2023 bestätigte der EZB-Rat, die Reinvestition von Vermögenswerten im APP-Portfolio ab Juli 2023 einzustellen und damit die Bestände zu reduzieren. Weitere Informationen zum APP finden Sie unter dem entsprechenden Link unter Weiterführende Informationen.

Im Anschluss an die COVID-19-Pandemie wurden zusätzliche Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Auswirkungen beschlossen. Am 12. März 2020 kündigte der EZB-Rat zusätzlich zu den monatlichen Ankäufen eine vorübergehende Ausweitung der Nettoankäufe im Rahmen des APP bis Ende 2020 an. Darüber hinaus beschloss der EZB-Rat am 18. März 2020 ein zeitlich befristetes Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP), das im Vergleich zu den im APP geltenden Anforderungen mehr Flexibilität bei der Umsetzung bietet. Laut Ankündigung vom 10. Dezember 2020 umfasst das PEPP ein maximales Volumen von 1.850 Mrd. €. Die Nettoankäufe im Rahmen des PEPP wurden Ende März 2022 eingestellt. Der EZB-Rat beabsichtigt, das PEPP-Portfolio ab Juli 2024 im Durchschnitt um monatlich 7,5 Mrd. € zu reduzieren. Zum Jahresende 2024 soll die Wiederanlage der Tilgungsbeträge eingestellt werden. Weitere Informationen zum PEPP finden Sie unter dem entsprechenden Link unter Weiterführende Informationen.

Das Eurosystem stellt dem Markt Wertpapiere, die im Rahmen bestimmter geldpolitischer Ankaufprogramme erworben wurden, über Wertpapierleiheprogramme zur Verfügung. Zu diesen Programmen gehören das PSPP, das CBPP3 (beide seit April 2015), das CSPP (seit Juli 2016) und Bestände bestimmter Anlageklassen im PEPP (seit März 2020).

Die erste TLTRO-Serie wurde vom EZB-Rat im Juni 2014 beschlossen und umfasste acht Transaktionen mit einer Laufzeit bis September 2018, um die Kreditvergabe an den nichtfinanziellen Sektor im Euroraum zu unterstützen. Um die Kreditvergabe weiter zu stärken, wurde im März 2016 eine zweite Serie von insgesamt vier Geschäften mit einer Laufzeit von jeweils vier Jahren beschlossen. Am 7. März 2019 beschloss der EZB-Rat eine dritte TLTRO-Serie mit sieben Geschäften, deren Konditionen im Zuge der Ausweitung von COVID 19 angepasst und am 10. Dezember 2020 um drei weitere Geschäfte ergänzt wurden. Darüber hinaus kündigte der EZB-Rat im Zusammenhang mit der Pandemie am 12. März 2020 zusätzliche längerfristige Refinanzierungsgeschäfte und am 30. April 2020 sogenannte nicht gezielte längerfristige Pandemie-Notfallrefinanzierungsgeschäfte (PELTRO) an, die am 10. Dezember 2020 bis Ende 2021 verlängert und ausgeweitet wurden. Einzelheiten zu den TLTRO-Serien sowie zu den zusätzlichen längerfristigen Refinanzierungsgeschäften und PELTRO finden Sie unter den jeweiligen Links unter Weiterführende Informationen.

Als Reaktion auf die Folgen der COVID-19-Ausweitung beschloss der EZB-Rat am 7. April 2020 zudem eine vorübergehende Lockerung der Kriterien für notenbankfähige Sicherheiten, gefolgt von einer Bestandsschutzregelung für marktfähige Sicherheiten am 22. April 2020. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit zur Hereinnahme zusätzlicher notenbankfähiger Kreditforderungen (Additional Credit Claims, ACC) für die nationalen Zentralbanken erweitert und von vielen genutzt. Die Erleichterungen laufen nun bis März 2024 sukzessive aus. Auch die Deutsche Bundesbank akzeptierte von Oktober 2020 bis Juni 2022 zusätzlich notenbankfähige Kreditforderungen. Weitere Informationen zu notenbankfähigen Sicherheiten und ACCs finden Sie unter den entsprechenden Links unter Weiterführende Informationen.

Aufgrund der bis zum 26. Juli 2022 geltenden negativen Verzinsung von Überschussliquidität der Kreditinstitute beschloss der EZB-Rat im September 2019, zum 30. Oktober 2019 ein zweistufiges System für die Verzinsung von Überschussreserven im Euroraum einzuführen. Mit diesem Tiering-System befreit die Zentralbank einen bestimmten Teil der von den Kreditinstituten bei ihr gehaltenen Überschussliquidität von der Negativverzinsung oder verzinst diesen Teil etwas attraktiver. Überschussreserven, die den Tiering-Freibetrag überstiegen, sowie Gelder, die in der Einlagefazilität angelegt waren, wurden hingegen weiterhin regulär negativ verzinst. Im Ergebnis verringerte sich dadurch der Zinsaufwand der Kreditinstitute. Mit dieser Maßnahme beabsichtigte der EZB-Rat, die Transmission der Geldpolitik über die Banken zu unterstützen. Gleichzeitig wollte er sicherstellen, dass die Negativzinsen zu einem akkommodierenden geldpolitischen Kurs und damit zu einer nachhaltigen Annäherung an das Inflationsziel der EZB beitragen. Das Stufensystem war so konzipiert, dass die kurzfristigen Euro-Geldmarktsätze nicht übermäßig beeinflusst wurden. Nachdem der Zinssatz für die Einlagefazilität auf über Null angehoben wurde, ist das zweistufige System für die Verzinsung der Überschussreserven nicht mehr erforderlich. Daher hat der EZB-Rat am 8. September 2022 beschlossen, das zweistufige System auszusetzen, indem der Zinsfreibetrag mit Wirkung vom 14. September 2022 auf null gesetzt wird. Dies bedeutet, dass alle Überschussreserven mit 0,00 % verzinst werden. Details zu den Überschussreserven finden Sie unter dem entsprechenden Link unter „Weiterführende Informationen“.

Auf seiner Sitzung am 21. Juli 2022 beschloss der EZB-Rat die Einführung eines geldpolitischen Instruments zur Sicherung der Transmission (Transmission Protection Instrument, TPI). Das Instrument soll eine effektive Transmission des geldpolitischen Kurses sicherstellen und eine einheitliche Geldpolitik in allen Ländern des Euroraums unterstützen.

Aktuelle Pressemitteilungen der Europäischen Zentralbank in deutscher Sprache finden Sie auf der Internetseite der Bundesbank.