Eine 1-Euro-Münze auf deinem Dollar-Schein ©Adobe Stock / LaSa

Monatsbericht: Relativer Energiepreisanstieg belastet, Euro-Abwertung stützt internationale preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands

Wie steht es angesichts hoher Energiekosten um die internationale preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands? Dieser Frage gehen die Fachleute der Bundesbank im aktuellen Monatsbericht nach. Dazu haben sie untersucht, wie sich die höheren Kosten für Energie einerseits und die Euro-Abwertung gegenüber dem US-Dollar andererseits auswirken. Das Ergebnis ihrer Analyse: Rein rechnerisch habe der relative Energiekostenanstieg in Deutschland von Jahresbeginn bis September 2022 – in diesem Zeitraum war er besonders ausgeprägt – die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands unter Berücksichtigung der Energieintensität der Produktion um 0,9 Prozent verschlechtert. Die Kursverluste des Euro zum US-Dollar hingegen hätten sie für sich genommen in diesem Zeitraum um etwa 1,9 Prozent verbessert. Diese Überschlagsrechnung zeige, so die Fachleute, warum gängige Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit diese für Deutschland nach wie vor eher als günstig und seit Ende 2021 als kaum verändert auswiesen.

Unsichere Versorgungslage nicht hauptverantwortlich für Euro-Abwertung

Diese Einschätzung sei allerdings gesamtwirtschaftlich zu interpretieren. „Es bedeutet keinesfalls, dass der Energiepreisanstieg nur wegen der Euro-Abwertung zum US-Dollar für alle heimischen Branchen oder gar Unternehmen unproblematisch wäre“, betonen die Fachleute in dem Bericht. Zudem sei die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar in erster Linie keine Reaktion auf die Energiekrise selbst, sondern vielmehr auf andere Umstände zurückzuführen. Dazu zählen die Fachleute insbesondere die relativ kräftige Straffung der US-Geldpolitik im Vergleich zum Euroraum. Die unsichere Versorgungslage mit Energie sei damit nicht hauptverantwortlich für die Abwertung des Euro. Erwiesen sich diese Umstände aber als vorübergehend – beispielsweise infolge einer stärkeren Straffung der Geldpolitik im Euroraum verglichen mit den Vereinigten Staaten – entfiele perspektivisch auch der Wechselkurseffekt, der die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bislang stützte. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands würde sich also verschlechtern. Dies gilt den Fachleuten zufolge vor allem dann, wenn die im Ländervergleich stark gestiegenen Energiekosten hoch blieben.

Wie die preisliche Wettbewerbsfähigkeit beeinflusst wird

Die Preise für Energie sind in den vergangenen beiden Jahren weltweit stark angestiegen. Maßgeblich dafür waren neben der wirtschaftlichen Erholung nach dem pandemiebedingten Abschwung vor allem die Verknappung russischer Gaslieferungen sowie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Verglichen mit anderen Industriestaaten fiel der Anstieg der Energiekosten in Deutschland seit Jahresbeginn besonders kräftig aus. Ein solcher relativer Kostenanstieg verschlechtert für sich genommen die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. Gleichzeitig hat der Euro gegenüber dem US-Dollar seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren. In US-Dollar umgerechnet wurden Exportgüter aus Deutschland dadurch günstiger und somit wettbewerbsfähiger.

Fachleute bestimmen Wettbewerbsfähigkeit anhand von zwei Indikatoren

Um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu bestimmen, haben sie in ihrer Untersuchung zwei Indikatoren berechnet: Einer davon vergleicht den aktuellen Wert eines realen effektiven Wechselkurses mit seinem langfristigen Durchschnitt. Sein Verlauf zeige zum einen, dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im historischen Vergleich aktuell nach wie vor eher günstig einzuschätzen ist. Zweitens habe sie sich verglichen mit dem letzten Quartal 2021 trotz des (relativen) Energiepreisanstiegs insgesamt betrachtet kaum verändert. Grund dafür sei die nominale Kursentwicklung des Euro. Dieser habe vom letzten Quartal 2021 bis Mitte Dezember 2022 aus der Perspektive Deutschlands handelsgewichtet um etwa 1,6 Prozent an Wert verloren, so die Fachleute. Der zweite Indikator basiert auf dem sogenannten Produktivitätsansatz. Dieser ist den Fachleuten zufolge vor allem dann geeignet, wenn die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber vielen Ländern eingeschätzt werden soll, unter denen sich auch Schwellenländer befinden. Auch dieser Indikator deute aktuell auf eine günstige Wettbewerbsposition Deutschlands hin.