Weidmann: Notenbanken sollten klimabezogene finanzielle Risiken angemessen berücksichtigen

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat sich dafür ausgesprochen, dass Notenbanken in ihrem Risikomanagement klimabedingte finanzielle Risiken angemessen berücksichtigen, die sich aus ihren geldpolitischen Geschäften ergeben könnten. Daher sei es gerechtfertigt, bessere Informationen vorauszusetzen: „Das Eurosystem sollte erwägen, im Rahmen geldpolitischer Geschäfte nur solche Wertpapiere zu kaufen oder als Sicherheiten zu akzeptieren, deren Emittenten bestimmte klimabezogene Berichtspflichten erfüllen“, sagte Weidmann bei einer Rede beim European Banking Congress in Frankfurt am Main.

Zudem könnte das Eurosystem erwägen, Einstufungen von Ratingagenturen nur noch dann heranzuziehen, wenn finanzielle Risiken mit Klimabezug darin angemessen berücksichtigt seien, schlug er vor. Mit solchen Maßnahmen könnte das Eurosystem dazu beitragen, Markttransparenz und Standards bei Ratingagenturen und Banken zu fördern. Zentralbanken könnten somit als Katalysator für ein „grüneres“ Finanzsystem wirken und die Klimapolitiken in der EU unterstützen.  

Klimabezogene finanzielle Risiken adäquat im Risikomanagement berücksichtigen

Durch den Klimawandel und die Klimapolitik könnten finanzielle Risiken entstehen, die nicht nur individuelle Banken oder Investoren, sondern auch das gesamte Finanzsystem beeinträchtigen könnten. „In unserer Rolle als Aufsicht und Hüter der Finanzstabilität, müssen wir sicherstellen, dass Kreditinstitute finanzielle Risiken adäquat in ihrem Risikomanagement berücksichtigen – auch solche mit Klimabezug“, so Weidmann. Dieser Vorgabe müssten Notenbanken ebenfalls gerecht werden. Man sei es den europäischen Steuerzahlern schuldig, die finanziellen Risiken aus den geldpolitischen Maßnahmen im Zaum zu halten. „Erst recht, weil unsere Finanzanlagen den gleichen finanziellen Risiken ausgesetzt sein können wie die der privaten Banken“, sagte Weidmann.

Grundsatz der Marktneutralität bei den Kaufprogrammen für private Anleihen beachten

Kritisch sah Weidmann Vorschläge, die Geldpolitik aktiv zu nutzen, um klimapolitische Ziele zu verfolgen. Auf Forderungen an das Eurosystem, Wertpapiere von den Kaufprogrammen auszuschließen, wenn deren Emittenten viel Kohlendioxid emittieren, erwiderte Weidmann: „Es ist nicht Aufgabe des Eurosystems, bestimmte Wirtschaftszweige zu bestrafen oder zu fördern.“ Damit die Anleihekaufprogramme ihre gewünschte Wirkung entfalten könnten, müssten sie breit angelegt sein. Deshalb gelte der Grundsatz der Marktneutralität. Marktverzerrungen zu beseitigen, habe oft komplexe Verteilungswirkungen zur Folge. „Solche Entscheidungen benötigen eine starke demokratische Legitimation und sind Sache von Regierungen und Parlamenten“, sagte Weidmann. Regierungen hätten die richtigen Werkzeuge und die demokratische Vollmacht, diese Werkzeuge einzusetzen.

Unabhängigkeit nicht untergraben

Weidmann warnte in seiner Rede davor, dass eine aktive Rolle in der Klimapolitik die Unabhängigkeit der Notenbanken untergraben und letztlich deren Fähigkeit gefährden könnte, die Preisstabilität zu sichern. Dem Eurosystem sei Unabhängigkeit nicht gewährt worden, um Entscheidungen zu treffen, vor denen Politiker zurückschreckten, so Weidmann. Die Notenbanken seien unabhängig, um den Auftrag zur Sicherung stabiler Preise besser erfüllen zu können. Langfristig sei Preisstabilität der beste Beitrag, den die Geldpolitik für unseren Wohlstand leisten könne.