Ergebnisse der Basel III-Auswirkungsstudie für deutsche Institute zum Stichtag 30. Juni 2015

Die Deutsche Bundesbank hat die aktuellen Ergebnisse ihrer halbjährlichen Analyse zu den Auswirkungen der Eigenkapitalreformen und der neuen Liquiditätsstandards ("Basel III-Rahmenwerk") für 107 Institute veröffentlicht. Zu den ausgewählten Instituten gehörten acht international aktive Institute (sog. Gruppe-1-Institute) mit einer Kernkapitalausstattung von jeweils mehr als 3 Mrd €; weitere 99 kleinere Institute wurden der Gruppe 2 zugeordnet.

Die Institute der Gruppe 1 meldeten zum Stichtag Juni 2015 im Mittel eine Quote des harten Kernkapitals[1] von 11,2 %, die Gruppe 2 von 15,2 %. "Im Vergleich zum Basel-II-Rahmenwerk sind die Belastungen für die Kreditinstitute gestiegen", sagte Andreas Dombret, im Vorstand der Deutschen Bundesbank für Banken und Finanzaufsicht zuständig. "Die Institute haben in den vergangenen Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um die Kapitalanforderungen zu erfüllen. Heute haben die meisten deutschen Banken und Sparkassen ein deutliches Polster aufgebaut, das über die aktuell geltende Mindestkapitalanforderung von 4,5 % hartem Kernkapital hinausgeht." Alle Institute der Gruppe 1 erfüllten außerdem bereits den vollständigen Kapitalerhaltungspuffer, der seit dem Jahr 2016 schrittweise bis zum Jahr 2019 eingeführt wird. Auch die global systemrelevanten Institute erfüllten den Zuschlag für Institute dieser Gruppe bereits.[2] Die Institute der Gruppe 2 benötigten insgesamt noch 124 Mio € hartes Kernkapital, um die künftigen Anforderungen an den Kapitalerhaltungspuffer zu erfüllen. Damit konnten auch die kleineren Institute ihren Kapitalbedarf, der bei Beginn der Erhebung im Juni 2011 noch rund 1,6 Mrd € betrug, deutlich reduzieren. Dies rührt sowohl aus einer substantiellen Stärkung der Kapitalbasis als auch aus dem Abbau risikogewichteter Positionswerte (RWA). Seit der ersten Erhebungsrunde im Juni 2011 erhöhten die Gruppe 1-Banken den Bestand an hartem Kernkapital um rund 69,0 % und verringerten die Gesamt-RWA um ca. 26,5 %. Insgesamt deckten nahezu alle Gruppe-1-Institute ihren Bedarf an hartem Kernkapital allein durch die Verringerung der RWA.

Die Stärkung der Kapitalbasis führte zudem zu einem Anstieg der durchschnittlichen Verschuldungskennziffer – der Leverage Ratio – beider Gruppen. Die durchschnittliche Leverage Ratio, die das Kernkapital eines Instituts ins Verhältnis zum nicht risikogewichteten Gesamtengagement setzt, betrug zum 30. Juni 2015 für Institute der Gruppe 1 im Mittel 3,6 % und für Institute der Gruppe 2 im Mittel 5,0 %. Damit haben die Banken ihren Verschuldungsgrad seit dem Beginn der Erhebung im Juni 2011 deutlich verringert.  "Die Widerstandsfähigkeit der Banken gegen Konjunktureinbrüche hat sich verbessert", erklärte Dombret. "Gleichwohl sehen wir einige deutsche Institute, die die Verschuldungsquote noch nicht oder nur knapp erfüllen. Hier sind unbedingt weitere Anstrengungen erforderlich." Die Einhaltung einer Verschuldungskennziffer in Höhe von 3 % fordert für alle Gruppe-1-Institute und 69 % der Gruppe-2-Institute eine höhere Kernkapitalausstattung als die risikobasierte Mindestkernkapitalanforderung in Höhe von 6 %. Würden zusätzlich der Kapitalerhaltungspuffer, Puffer für global oder andere systemrelevante Institute oder ein antizyklischer Kapitalpuffer berücksichtigt, wäre allerdings die Bindungswirkung der Verschuldungskennziffer geringer.

Im internationalen Vergleich weisen die deutschen Gruppe-1-Institute ähnliche Kapitalquoten aus wie vergleichbare Institute anderer Länder. Dagegen ist die durchschnittliche Leverage Ratio der deutschen Gruppe-1-Institute im internationalen Vergleich weiterhin unterdurchschnittlich. Deutsche Institute der Gruppe 2 weisen im Mittel zu allen Stichtagen eine höhere Quote des harten Kernkapitals auf als die europäischen Vergleichsinstitute dieser Gruppe. "Insofern ist die Bilanz der deutschen Institute im internationalen Vergleich gemischt. Die Zahlen zeigen, wo Baustellen offen sind. Ich rate dringend, besonders die Verschuldungsquote anzugehen", sagte Dombret.

Weiterhin befasste sich die Studie mit der Liquiditätsdeckungskennziffer, der sogenannten Liquidity Coverage Ratio (LCR). Die kurzfristige, stressbasierte LCR definiert die Mindestanforderung an den Bestand an hochliquiden Aktiva, um die in einem 30-tägigen Stress-Szenario auftretenden Nettozahlungsmittelabflüsse abzudecken. Die durchschnittliche LCR betrug für Gruppe-1-Institute 110,0 %, für Gruppe-2-Institute 153,0 %. Im Mittel erfüllen somit die Institute beider Gruppen die vom Jahr 2018 an bindende Mindestanforderung von 100 %. Seit 1. Oktober 2015 müssen die Institute eine LCR von mindestens 60 % aufweisen, seit 1. Januar 2016 gilt eine Mindestanforderung von 70 %. Während alle Institute der Gruppe 1 diese Mindestquoten zum Stichtag Juni 2015 bereits einhielten, lag die LCR von 9 der 53 teilnehmenden Institute der Gruppe 2 noch unter der aktuellen Mindestquote von 70 %.

Als weitere Liquiditätskennziffer wurde die strukturelle Liquiditätsquote, die Net Stable Funding Ratio (NSFR), betrachtet. Die NSFR ist eine bilanzbasierte Kennzahl, die vorhandene Finanzierungsmittel den zu finanzierenden Aktiva gegenüberstellt. Die NSFR betrug für Institute der Gruppe 1 im Mittel 94,1 %; sie benötigten zusammen noch 99,3 Mrd € an stabilen Finanzierungsmitteln, um die vom Jahr 2018 an geltende Mindestquote von 100 % zu erfüllen. Die durchschnittliche NSFR der Institute der Gruppe 2 lag bei 109,5 %. Auf Einzelinstitutsbasis benötigten 20 Institute der Gruppe 2 zusammen noch 15,6 Mrd € an stabilen Finanzierungsmitteln. Seit der ersten Erhebungsrunde im Juni 2011 verringerte sich der Bedarf an stabilen Finanzierungsmitteln von Instituten der Gruppe 1 um 51,5 % und von Instituten der Gruppe 2 um 94,7 %.

Zusätzlich wurde in dieser Erhebungsrunde der vom Baseler Ausschuss vorgeschlagene Standardansatz für Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch analysiert. Er soll die Abbildung von Zinsänderungsrisiken international vereinheitlichen und gibt sechs Zinsschock-Szenarien vor, unter denen die Änderung des Zinsbuchbarwertes zu bestimmen ist. Auf Basis des Standardansatzes ergeben sich für deutsche Institute hypothetische, barwertige Verluste von durchschnittlich 7,85 % des harten Kernkapitals, während bankeigene Modelle barwertige Verluste von durchschnittlich lediglich 4,63 % des harten Kernkapitals berechneten.

Die halbjährliche Datenanalyse der Deutschen Bundesbank findet im Rahmen des Basel III-Monitoring statt. Hierbei beobachten und analysieren der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) seit Anfang 2011 die Auswirkungen der Eigenkapitalreformen und der neuen Liquiditätsstandards für ausgewählte Institute auf halbjährlicher Basis. Bei der europäischen Erhebung sind 297 Banken aus 21 EU-Mitgliedsländern beteiligt.

Fußnoten:

  1. Gemäß Vollumsetzung des Regulierungspaktes CRR/CRD IV.

  2. Sog. G‑SIB-Zuschlag.