Schwerpunkte des Monatsberichts Dezember
Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen im Jahr 2012
Die gewerblichen Unternehmen haben im Jahr 2012 im Zuge der vorübergehenden Konjunkturabkühlung die Umsätze zwar nur wenig steigern können. Die Rentabilität blieb jedoch auf einem guten Niveau. Dies lag zum einen daran, dass die Materialkosten weit weniger stark stiegen als in den beiden Jahren davor. Zum anderen hat die Anpassungsflexibilität beim Personaleinsatz dabei geholfen, Kostensteigerungen trotz weiter erhöhter Belegschaften und spürbarer Verdienstzuwächse zu begrenzen. Von der Nachfrageschwäche waren insbesondere einige Industriezweige wie die Metallerzeugung, die Chemie- und die Elektroindustrie sowie der Maschinenbau betroffen, während die Automobilbranche und der sonstige Fahrzeugbau weiterhin sehr gut abschnitten.
Den Baufirmen verhalf die anhaltend günstige Branchenkonjunktur zu einem neuen Rekordwert bei der Umsatzrendite. Die Energieunternehmen erholten sich vom Gewinneinbruch im Jahr 2011 deutlich. Auf den Dienstleistungsbereich wirkte sich die langsamere Gangart der Industriekonjunktur nur wenig aus. Für ungünstigere Ergebnisse sorgten – wie im Handel und Transportgewerbe – primär kostenseitige Belastungen. Dass der Warenabsatz gegen Ende des vergangenen Jahres teilweise ins Stocken geriet, führte in den meisten Industriebranchen zu einem Aufbau der Fertigwarenläger. Von den anhaltend günstigen Nachfragebedingungen in weiten Teilen der Automobilindustrie zeugt hingegen, dass dort die Vorproduktbestände auf hohem Niveau geblieben sind. Bei starker Auslastung der Produktionskapazitäten gab es bei den Fahrzeugherstellern auch weiterhin großen Bedarf, in neue Anlagen zu investieren. Andere Industriezweige übten sich aufgrund der ungünstigen Auftragslage zwar in Zurückhaltung. Dafür gab es aber erhebliche Kapazitätserweiterungen im Baugewerbe und in der Energiewirtschaft. Außerdem setzte sich in den Dienstleistungsbranchen der stetige Akkumulationsprozess fort.
Die Ergebnisse der Unternehmensabschlussstatistik stehen damit in einem gewissen Kontrast zu dem von den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nach derzeitigem Rechenstand gezeichneten Bild einer ausgeprägten Investitionsschwäche der gewerblichen Wirtschaft im Jahr 2012.
Die Unternehmen haben im In- und Ausland weiter Beteiligungen erworben. Die Firmenverflechtungen haben auch dadurch zugenommen, dass verstärkt Kredite innerhalb von Unternehmensverbünden vergeben wurden. Obwohl die Außenfinanzierung 2012 bei im Vergleich zu den Vorjahren geringerem Mittelbedarf an Gewicht gewann, spielten Bankkredite trotz sehr günstiger Finanzierungskonditionen keine vorrangige Rolle. Die Eigenmittel der Unternehmen sind im gleichen Ausmaß wie die Bilanzsumme gestiegen. Der über Jahre zu beobachtende Prozess der Eigenkapitalstärkung hat sich mit Blick auf den nichtfinanziellen Unternehmenssektor als Ganzes nicht fortgesetzt. Firmen mit Nachholbedarf dürften aber weiterhin bestrebt sein, ihren Rückstand in der Eigenkapitalausstattung zu verringern.
Finanzsystem im Wandel: Neue Bedeutung der Repomärkte
Durch Marktentwicklungen, Reaktionen auf die Finanzkrise und regulatorische Maßnahmen haben die Repomärkte, die Märkte für Wertpapierpensionsgeschäfte, für das Finanzsystem in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Da das Finanzsystem eine zentrale Rolle dabei spielt, geldpolitische Maßnahmen in die Realwirtschaft und damit letztlich in die Preisentwicklung zu übertragen, sind die Entwicklungen auf dem Repomarkt für die Notenbanken von wachsendem Interesse. Dabei werfen vor allem zwei Trends Herausforderungen auf: Weil kurzfristige Kreditgeschäfte zunehmend mit Wertpapieren besichert werden, wirken Kursbewegungen bei Wertpapieren direkter auf den Liquiditätsausgleich, insbesondere denjenigen zwischen den Geschäftsbanken. Kursverluste der für Repogeschäfte genutzten Sicherheiten können steigende Sicherheitsabschläge und damit weitere Kursverluste bedingen. Das kann den Liquiditätsausgleich zwischen den Banken stören und im Extremfall zum Erliegen bringen. Um eine solche Destabilisierungsspirale zu stoppen, wäre die Notenbank im äußersten Fall gezwungen, in die Intermediation am Interbankenmarkt einzutreten.
Eine ähnliche Herausforderung könnte der Zentralbank aus der wachsenden Bedeutung zentraler Gegenparteien entstehen, die sich auf den Repomärkten etablieren und den Repo-Kontraktpartnern bei der Handhabung der Sicherheiten gewisse Vorteile bieten. Wäre nämlich mit dem Ausfall eines einzelnen Kontrahenten auch die zentrale Gegenpartei als solche bedroht, kann sich die Notenbank der Finanzstabilität wegen in die Rolle des Liquiditätsgebers letzter Instanz gedrängt sehen.
Da in beiden Fällen Risiken systemischer Art für die Finanzstabilität entstehen können, die eine reibungslose Umsetzung der Geldpolitik stören, liegt es im ureigenen Interesse der Notenbank, derartige Risiken zu minimieren. Hierzu sind diese Märkte entsprechend zu regulieren und laufend zu überwachen, zentrale Finanzmarktinfrastrukturen gegen den Ausfall großer Akteure zu schützen und die mit Repogeschäften verbundenen Risiken möglichst umfassend zu internalisieren, das heißt bei der Bepreisung von Repotransaktionen zu berücksichtigen.
Weil die Repomärkte für die geldpolitische Transmission an Bedeutung gewonnen haben, wirken sich auch Regulierungen und staatliche Eingriffe in diesem Teil des Finanzmarktes zunehmend auf die Geldpolitik aus. So würde die geplante Finanztransaktionssteuer den Repomarkt nachhaltig beeinträchtigen und den Liquiditätsausgleich zwischen den Banken gefährden. Voraussehbare Folge wäre eine stärkere Refinanzierung der Banken über das Eurosystem. Dies wäre geldpolitisch und ordnungspolitisch nicht wünschenswert.
Perspektiven im europäischen Massenzahlungsverkehr
Seit dem Jahr 2000 steht die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Marktes im bargeldlosen Zahlungsverkehr (Single Euro Payments Area: SEPA) für die Europäische Union auf ihrer politischen Agenda. Um in diesem Markt mehr Wettbewerb und Effizienz zu erreichen, sollten europaweit einheitliche Verfahren und Standards für die Abwicklung von Euro-Zahlungen geschaffen werden. Die durch den europäischen Gesetzgeber vorgegebene Umstellung von nationalen Überweisungen und Lastschriften auf gemeinsame europaweite Zahlungsinstrumente zum 1. Februar 2014 steht nun kurz vor der Vollendung. In Anbetracht der wenigen verbleibenden Wochen geben die noch niedrigen Nutzungszahlen der SEPA-Instrumente in Deutschland Grund zur Besorgnis. Die SEPA-Umstellung muss für alle Nutzer nun höchste Priorität haben.
Mit dem bevorstehenden Umstieg auf SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften ist aber erst ein Teil des Weges zu einem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt im bargeldlosen Zahlungsverkehr zurückgelegt. Zum einen gibt es bis zum 1. Februar 2016 noch verschiedentliche nationale Besonderheiten. Zum anderen beschränkt sich der bargeldlose Zahlungsverkehr nicht auf die Überweisung und Lastschrift. Neben der Zahlungskarte sind es vor allem Bezahlverfahren, die im Internet oder per Mobiltelefon genutzt werden können, und sich teilweise eher im nationalen als im europäischen Rahmen entwickeln.
Um diesen Änderungen Rechnung zu tragen, gilt es, im Massenzahlungsverkehr die gesetzlichen Regelungen anzupassen und den Dialog zwischen allen Marktteilnehmern stärker zu institutionalisieren. Ziel sollte sein, Sicherheitsaspekte angemessen zu berücksichtigen und zugleich die Leistungsfähigkeit des europäischen Massenzahlungsverkehrs stetig zu erhöhen.
Perspektiven der deutschen Wirtschaft – Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen für die Jahre 2014 und 2015
Die deutsche Wirtschaft hat wieder Fahrt aufgenommen. Die durch die Verschärfung der Schuldenkrise im Euro-Gebiet zeitweilig unterbrochene Expansion der gesamtwirtschaftlichen Leistung setzt sich fort. Dabei wechseln jedoch die Antriebskräfte. Während in der Erholungsphase nach der Finanz- und Wirtschaftskrise außenwirtschaftliche Impulse überwogen, ist zuletzt die Binnenwirtschaft in den Vordergrund getreten. Hierbei spielt der gute Zustand der deutschen Volkswirtschaft eine Rolle, der sich in der niedrigen Arbeitslosenquote, dem anhaltenden Beschäftigungswachstum und spürbaren Verdienstzuwächsen ausdrückt. Zudem wirkt das niedrige Zinsniveau förderlich. Diese Faktoren stützen den privaten Verbrauch und treiben den Wohnungsbau an. Demgegenüber neigte der Außenhandel zuletzt zur Schwäche. Mit der weiteren konjunkturellen Aufhellung in den Industrieländern und der sich abzeichnenden Verbesserung im Euro-Gebiet sollten jedoch auch die Ausfuhren und in deren Folge Unternehmensinvestitionen und Einfuhren anziehen.
Unter diesen Bedingungen könnte die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr um 1,7 % und im darauf folgenden Jahr um 2,0 % wachsen, nach einem Anstieg von lediglich 0,5 % im laufenden Jahr. Kalenderbereinigt ergäben sich Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,6 % im Jahr 2013, 1,7 % im Jahr 2014 und 1,8 % im Jahr 2015. Bei einem Potenzialwachstum von jeweils 1,4 % in den beiden kommenden Jahren würde sich der gesamtwirtschaftliche Auslastungsgrad ausgehend von einem Normalniveau im Jahr 2013 moderat erhöhen. Damit einher ginge eine weitere Steigerung der Beschäftigung, die überwiegend aus Zuwanderung gespeist würde. Der Leistungsbilanzüberschuss könnte sich auf das Niveau vor der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise verringern. Der Staatshaushalt würde sich ohne Berücksichtigung der bei Prognoseabschluss noch nicht bekannten Koalitionsvereinbarungen etwas verbessern und im Jahr 2015 einen Überschuss von knapp ½ % des BIP erreichen. Die hohe Schuldenquote könnte deutlich sinken.
Die im Vergleich zur vergangenen Dekade nachhaltig verbesserte Arbeitsmarktlage schlägt sich in einer Verstärkung des Lohnanstiegs nieder, die als Normalisierung zu sehen ist. Der Preisanstieg auf der Verbraucherstufe könnte sich gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) zwar zunächst von 1,6 % im Jahr 2013 auf 1,3 % im Jahr 2014 ermäßigen, dann aber wieder auf 1,5 % im Jahr 2015 verstärken. Die Rate ohne Energie dürfte sich im Gefolge des verstärkten Lohnanstiegs bis zum Jahr 2015 auf 1,9 % erhöhen.
Die Risiken für die Prognose sind zum einen im außenwirtschaftlichen Umfeld zu sehen. Zwar konnten die Auswirkungen der Schuldenkrise im Euro-Gebiet eingedämmt werden, und es wurden wichtige Reformen eingeleitet. Durch die drückende Verschuldung und die fortbestehenden Strukturprobleme ist jedoch die Störanfälligkeit der europäischen und der globalen Wirtschaft nach wie vor hoch. Zum anderen bestehen binnenwirtschaftliche Risiken. Eine Reihe der in der Koalitionsvereinbarung in Aussicht gestellten Maßnahmen hat das Potenzial, die Leistungsfähigkeit der Arbeits- und Gütermärkte zu beschädigen, und der fiskalische Kurs wird wohl aufgeweicht. Als konjunkturelle Aufwärtschance ist anzusehen, dass sich die wirtschaftliche Grunddynamik stärker als hier beschrieben darstellen könnte.